Hongkong:Nicht tot, nur scheintot

Das Gesetz über Auslieferungen könnte doch noch kommen.

Von Christoph Giesen

Klarer kann eine Politikerin nicht sprechen, sollte man meinen: "Das Gesetz ist gestorben", kündigte Hongkongs Chief Executive Carrie Lam am Dienstag an. Wird es nun also doch keine Auslieferungen mehr in die Volksrepublik China geben? Ist der Grund für die Massendemonstrationen der vergangenen Wochen ein für alle Mal abgeräumt? Ein später Sieg für die Straße?

Leider nein. Trotz der deutlichen Worte weigert sich Lam nämlich, ihre unsägliche Initiative formal zurückzuziehen. Das Gesetz ist also keineswegs gestorben, sondern allenfalls scheintot, jederzeit kann es wiederbelebt werden. Problemlos könnte Lam das Vorhaben bis zum Ende der Legislaturperiode Ende Juli kommenden Jahres wieder ins Parlament einbringen und womöglich auch darüber hinaus. Mit Wortklauberei versucht die Regierungschefin irgendwie zu retten, was nicht mehr zu retten ist.

Kaum hatte sie ihre Worte gesprochen, regte sich auch schon der Widerstand in Hongkong. Die Organisatoren der Demonstrationen erklärten, weitere Proteste zu organisieren, falls sie das Gesetz nicht endgültig einmottet. Die Menschen in der ehemaligen Kronkolonie werden weiterhin zu Hunderttausenden auf die Straße gehen. In Hongkong verlässt sich niemand mehr darauf, was Carrie Lam verspricht.

© SZ vom 10.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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