Hongkong:Fassadenbauer

Mit der Verschiebung der Wahl will China einer Blamage entgehen. Doch das Manöver ist leicht durchschaubar.

Von Lea Deuber

Jetzt ist die Wahl in Hongkong verschoben. Angeblich wegen Corona. Der wahre Grund ist nicht die Infektionsgefahr. Peking hat Angst vor einer Blamage. Die Vorwahlen in der chinesischen Sonderverwaltungszone haben gezeigt, wie groß die Unterstützung für das prodemokratische Lager ist. Allen Drohungen zum Trotz haben die Menschen bewiesen, dass sie bereit sind, ihre Freiheit für die Freiheit ihrer Stadt zu riskieren.

Für die Absage beruft sich die Regierung auf ein 100 Jahre altes Gesetz, das bislang kaum je zur Anwendung kam. Da es auch nur einen kurzen Aufschub gewährt, tagt nun der Ständige Ausschuss des Volkskongresses. Chinas Scheinparlament soll dem Aufschub einen Anstrich von Rechtsstaatlichkeit geben. Peking ist um eine rechtsstaatliche Fassade bemüht. Doch davon darf man sich nicht blenden lassen. Durch das Staatssicherheitsgesetz ist kein Mensch, kein Unternehmen in Hongkong mehr vor Pekings Zugriffen sicher. Die Kommunistische Partei hat mit dem Gesetz ihren alleinigen Machtanspruch in Hongkong bekräftigt. Dafür hat sie die Stadt geopfert.

Hongkong war einst Chinas Fenster zur Welt. Zu Hause hat die Kommunistische Partei es nie geschafft, Vertrauen, geschweige denn einen Rechtsstaat aufzubauen. Sie hat die Freiheiten in Hongkong nie geschätzt, aber ist bis heute wirtschaftlich darauf angewiesen. Deshalb versucht sie, den Schein zu wahren. Die Absage der Wahl ist aber politisch motiviert. Und sie ist ein weiterer Anschlag auf die Stadt. Er muss als ein solcher benannt werden.

© SZ vom 01.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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