Homosexualität:Rehabilitierung, posthum

Das kommt spät, die meisten Betroffenen sind bereits tot.

Von Susanne Höll

Schändlich ist es, wie Bundesregierungen verschiedener Couleur bislang mit betagten Schwulen umgegangen sind. Seit 1994 ist Homosexualität in ganz Deutschland nicht mehr strafbar, vorher wurden womöglich 50 000 Männer verurteilt, nur weil sie einvernehmlich sexuelle Kontakte hatten.

Dass diese aus heutiger Sicht bigotte und menschenverachtende Gesetzgebung in den frühen Jahren der Bundesrepublik nicht geändert wurde, lässt sich durch die rigide-verqueren Moralvorstellungen der Wirtschaftswunderjahre wenigstens im Ansatz erklären. Dass aber keine Koalition im vereinten Deutschland einen Versuch machte, die verfemten Männer zu rehabilitieren, die oft genug ins Gefängnis gemusst und Ruf und Existenz verloren hatten, ist ein Skandal. Grüne und Linke sind nicht zu rügen. Sie setzten sich für die Homosexuellen ein, scheiterten aber an Starrköpfen und Bedenkenträgern aus Union, SPD und FDP.

Ohne den Einsatz von Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) wäre kein einziger einst verurteilter Homosexueller je in den Genuss einer Rehabilitierung gekommen. Viele dieser Männer sind bereits gestorben. Maas macht sich mit seiner Initiative doppelt verdient. Endlich wird das Unrecht auch juristisch gewürdigt. Und er hat all jene Politiker beschämt, die sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten nicht ernsthaft um das Schicksal der im eigenen Land Verfolgten kümmern mochten.

© SZ vom 23.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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