Hartz IV:Jobcenter verhängen seltener Sanktionen

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Im vergangenen Jahr wurden die Leistungen für Hartz-IV-Empfänger weniger oft gekürzt als im Jahr zuvor.

Von Henrike Roßbach, Berlin

Über kaum etwas streiten die Gegner und Befürworter von Hartz IV so erbittert wie über die Frage, ob Jobcenter Arbeitslosen die finanzielle Unterstützung kürzen dürfen, wenn sie Termine verpassen oder Jobs und Bildungsangebote ablehnen. Auch das Bundesverfassungsgericht ist damit befasst, das Urteil steht noch aus.

Am Mittwoch veröffentlichte Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) zeigen nun, dass 2018 seltener Sanktionen verhängt wurden als zuvor: Es gab 904 000 Strafmaßnahmen gegen Hartz-IV-Empfänger, 49 000 weniger als 2017. Die Grundsicherung wurde 441 000 erwerbsfähigen Leistungsberechtigten gekürzt, einigen von ihnen mehrmals. Im Dezember betrug die Kürzung im Durchschnitt 109 Euro.

Fast vier von fünf Maßnahmen entfielen auf Meldeversäumnisse, wenn Termine ohne wichtigen Grund versäumt wurden. Die Jobcenter sind dann verpflichtet, die Leistungen für drei Monate um zehn Prozent zu kürzen. Damit es dazu seltener kommt, bieten viele Jobcenter inzwischen an, 24 Stunden vor dem vereinbarten Termin eine Erinnerungs-SMS zu senden. An zweiter Stelle standen Kürzungen wegen der Weigerung, eine Stelle oder Arbeitsmarktmaßnahme anzutreten. Allerdings kam es nur 96 000 Mal dazu, in knapp elf Prozent der Sanktionen. Weitere 78 000 Fälle verzeichnete die BA wegen Verstößen gegen Eingliederungsvereinbarungen, die Arbeitslose mit ihren Vermittlern schließen - bei der ersten Pflichtverletzung wird die Regelleistung für drei Monate um 30 Prozent gekürzt, danach um 60 Prozent, auch eine komplette Streichung ist möglich.

Der Vorstandsvorsitzende der BA, Detlef Scheele, kritisierte am Mittwoch die scharfen Sanktionen für Arbeitslose unter 25. Ihnen können sogar die Unterkunftskosten gestrichen werden. Drohende Wohnungslosigkeit helfe nicht weiter, so Scheele. "Wir verlieren die jungen Menschen dann aus den Augen und können uns nicht mehr kümmern."

© SZ vom 11.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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