Handy-Tracking:Gefährlich nah

Hilfreiche Daten müssen unbedingt anonymisiert werden.

Von Jannis Brühl

Die Bürger gehen einander immer stärker aus dem Weg, während der Staat versucht, ihnen immer näher zu kommen. Um Corona-Gefährdete zu finden, wollte Gesundheitsminister Jens Spahn Kontaktpersonen Infizierter über Handydaten aufspüren lassen. Solche Abfragen werden normalerweise nach Morden und Terroranschlägen angewendet, wenn ein Richter zugestimmt hat. Der Plan hätte Gesundheitsämter zu Überwachungsbehörden gemacht. Nach Kritik gab Spahn vorerst auf - zum Glück.

Dennoch wird der Kampf gegen das Virus nur mit Hightech gelingen. Helfen können etwa schnelle Algorithmen und große Datenmengen, die statistische Modelle präziser machen. So können Fachleute und Politiker aus der Vogelperspektive die Verbreitung des Erregers erfassen und entsprechend reagieren. Doch diese Daten müssen anonymisiert bleiben. Mit individueller Handyortung, Sensoren in Fitness-Armbändern und Kameras, die Körpertemperatur in Gesichtern erkennen, würde Überwachung dagegen im Wortsinn hautnah. Die Welt ist durchzogen von einem Netz aus Sensoren, die Herzschläge und anderes Intimes sammeln.

Ein Schlüssel zur Eindämmung des Virus wird modernste Digitaltechnik sein. Nur darf nicht die Gesundheitspolitik mithelfen, die Träume sicherheitspolitischer Hardliner umzusetzen.

© SZ vom 24.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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