Hamburg:Neue Kritik an G-20-Fotofahndung

Die Bild-Zeitung nannte sie "Krawall-Barbie". Wie sich jetzt herausstellt, war die abgebildete Frau erst 17 Jahre alt, unterfiel also dem Jugendstrafrecht mit seinen strengeren Datenschutzvorschriften.

Nach den ersten Fahndungserfolgen steht die Öffentlichkeitsfahndung nach mehr als hundert mutmaßlichen G-20-Randalierern weiter in der Kritik. Bis Donnerstagabend waren bei der Hamburger Polizei knapp 200 Hinweise eingegangen, neun der insgesamt 107 Gesuchten wurden identifiziert. Unter den Identifizierten befand sich nach Medienberichten auch eine 17-jährige Jugendliche.

Das weckte neue Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Aktion. "Wurde bei der richterlichen Freigabe dieses Fotos zur öffentlichen Fahndung berücksichtigt, dass es sich bei dieser verdächtigen Person um eine offensichtlich Jugendliche handelt, für die das Jugendstrafrecht gilt?", fragte Bernd Maelicke, Jurist, Sozialwissenschaftler und Buchautor, "wurde der Schutzgedanke des Jugendstrafrechts im Interesse der Erziehung jugendlicher Angeklagter erkannt und geprüft?" Tags zuvor hatte Hamburgs Justizsenator Till Steffen sich in einem ausführlichen Facebook-Eintrag zu Wort gemeldet. "Eine sorgfältige Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an einer wirksamen Strafverfolgung einerseits und den schutzwürdigen Interessen des Beschuldigten und anderer Betroffener andererseits" sei die Voraussetzung für eine Öffentlichkeitsfahndung, schrieb der Grünen-Politiker, "die Staatsanwaltschaft hat sich vom Vorliegen dieser Anforderungen nach sorgfältiger Prüfung überzeugt und das Amtsgericht hat diese Einschätzung bestätigt." Maelicke nannte diese Darstellung "vorschnell und undifferenziert".

Zuvor hatte Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar kritisiert: "Als massenhaft einzusetzende Standardmaßnahme für die Strafverfolgung ist die Öffentlichkeitsfahndung gerade im Internetzeitalter nicht angemessen."

© SZ vom 22.12.2017 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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