Das Wohnen in den Großstädten wird künftig noch etwas teurer, auf dem Lande dagegen billiger. Das geht aus den Plänen von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) zur Reform der Grundsteuer hervor, die er am Mittwoch mit den Regierungschefs der Bundesländer besprechen will. Da die Grundsteuer über die Nebenkosten auf die Mieten umgelegt wird, könnten sich diese bald erhöhen. Das Bundesfinanzministerium versuchte am Montag allerdings, entsprechende Sorgen zu zerstreuen. Durch die Reform werde sich das Wohnen selbst in Bestlagen lediglich "um einen niedrigen zweistelligen Betrag jährlich" verteuern.
Scholz selbst hielt sich bedeckt. Es werde natürlich Verschiebungen geben, sagte er am Montag auf einem Steuerforum in Berlin. Das bedeute: Einige zahlten mehr, andere dagegen weniger. Details wollte Scholz unter Verweis auf die anstehenden Gespräche mit den Ländern nicht nennen. Es werde aber durch die Reform insgesamt keine Steuererhöhung geben: "Es kommen in Zukunft wieder 14 Milliarden dabei raus." Diese Summe bringt die Grundsteuer derzeit ein, das Geld fließt komplett in die Kassen der Gemeinden und bildet eine ihrer wichtigsten Einnahmequellen.
Das Bundesverfassungsgericht hatte die Bundesregierung im April dieses Jahres dazu verpflichtet, die Grundsteuer neu zu berechnen. Die Richter monierten, dass die aktuellen Steuerbescheide auf Grundstückswerten der Jahre 1935 und 1964 beruhen. Die neue Regelung soll von Bundestag und Bundesrat bis Ende 2019 beschlossen und bis Ende 2024 umgesetzt werden. Gelingt das nicht, würde die Grundsteuer ersatzlos wegfallen. Im Bundesfinanzministerium hieß es am Montag, man werde den Ländern Reformpläne präsentieren, die "verfassungskonform und gerecht" seien. Dazu will Scholz die Grundsteuer künftig für jede Wohnung individuell berechnen lassen und nicht mehr für Wohngebäude insgesamt. Grundlage sollen Fläche und Alter sowie bei Mietwohnungen die jeweilige Höhe der Miete sein.
Eigentümer, die Wohnungen vermieten, müssen dem Finanzamt künftig die entsprechenden Angaben machen. Wenn sie in selbstgenutztem Eigentum leben, müssen sie eine fiktive Miete berechnen und dem Finanzamt melden. Für Grundstücke, die nicht mit Wohnungen bebaut sind, gelten wie für land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen separate Regelungen.
Die Reform ist äußerst aufwendig: Insgesamt müssen in Deutschland für 36 Millionen Häuser und Grundstücke die Boden- und Immobilienwerte bis Ende 2024 neu berechnet werden. Danach sollen sie alle sieben Jahre aktualisiert werden oder dann, wenn Mieter wechseln. Innerhalb von Großstädten soll die Grundsteuer nochmals differenzierter ausfallen. So soll zum Beispiel der Betrag, der in Bestlagen wie an Hamburgs Außenalster erhoben wird, höher sein als der im weniger teuren, sozial schwächeren Viertel Hamburg-Horn. Bayerns Finanzminister Albert Füracker (CSU) kritisierte die Pläne am Montag: Sie "würden Steuererhöhungen, Mieterhöhungen und vor allem mehr Bürokratie bedeuten".