Große Koalition:Gereizte Stimmung

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In Berlin herrscht der Eindruck vor, als lägen die Union und die SPD in Sachen Griechenland weit auseinander.

Von Cerstin Gammelin, Berlin

Grüne und SPD sind dafür, die Linken grundsätzlich auch. Es wäre interessant zu sehen, wie sich die Abgeordneten des Bundestags entschieden, müssten sie jetzt darüber abstimmen, ob Griechenland die Schulden weiter gestreckt und gestundet werden sollten. Es wäre ein Votum, bei dem nicht von vorneherein klar wäre, auf welcher Seite die Union mehrheitlich steht. Das Ganze ist ein Gedankenspiel. Denn es gibt diese Verabredung in der Regierungskoalition, auf die Unions-Fraktions-Vize Ralph Brinkhaus am Montag im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung ausdrücklich hinweist: ""In der großen Koalition haben wir die Vereinbarung, dass wir gemeinsam für eine Sache im Bundestag einstehen oder gar nicht." Das bedeutet, solange sich die Koalitionspartner nicht einig sind, was sie wollen, verhandeln sie außerhalb des Bundestages.

Am Montag herrscht in Berlin der Eindruck vor, als lägen die Koalitionäre in Sachen Griechenland weit auseinander. Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) bekräftigt, was er am Wochenende gefordert hatte: Athen müsse die Schuldenlast erleichtert werden. "Die Euro-Gruppentagung am Montag muss einen Weg finden, den Teufelskreis in Griechenland zu durchbrechen." Er sagt das zur selben Zeit, als Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in Brüssel auf einem Sondertreffen der internationalen Gläubiger versucht, eine Schuldendiskussion zu vermeiden.

Regierungssprecher Seibert versucht, die Differenzen klein zu reden

Gabriels Forderung hat im Umfeld von Schäuble gereizte Stimmung geschaffen. Gabriel schlägt sich damit demonstrativ auf die Seite von Christine Lagarde. Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF) hatte der Bundesregierung am Freitag schriftlich eine Art Ultimatum übermittelt. Entweder man verhandele ab sofort parallel über Reformen und Schuldenerleichterungen, oder der IWF verabschiede sich aus den Griechenland-Programmen. Schäuble will dagegen erst über Reformen reden - und später vielleicht über Schuldenerleichterungen. Er will aber auch, dass der IWF bleibt. Die Beteiligung des IWF sicherzustellen, "das ist die Herausforderung, vor der wir stehen", bekräftigt Fraktionsvize Brinkhaus. Wie geht das zusammen? "Ich bin überzeugt, dass wir das auch lösen werden."

SPD-Fraktionsvize Carsten Schneider glaubt, dass die Union grundsätzlich Schuldenerleichterungen mittragen wird. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe vor Jahresfrist zugesagt, Griechenland bei den Schulden entgegenzukommen, sobald Athen bestimmte Voraussetzungen erfüllt habe. Schneider geht davon aus, dass Schäuble kompromissbereit sein und über kurz oder lang auf die Linie der Kanzlerin einschwenken wird. Eine Alternative sieht er nicht. Die Beteiligung des IWF sei Grundlage für die Zustimmung im Bundestag gewesen. Sollte der IWF aussteigen, werde "dazu sicher eine Debatte im Plenum stattfinden", sagt Schneider. "Die Union muss sich entscheiden, ob sie die Expertise des IWF ernst nimmt oder nur ein Feigenblatt sucht."

Regierungssprecher Steffen Seibert versucht am Montag, die Differenzen zwischen Schäuble und Gabriel kleinzureden. Beide lägen nur "einen Hauch" auseinander. Die Bundesregierung, sagte Seibert in Berlin, stehe zu den Vereinbarungen der Euro-Gruppe vom 14. August des vergangenen Jahres. Darin ist auch von Schuldenerleichterungen die Rede.

Aus der SPD verlautet noch, dass vielen Bürgern ohnehin klar sei, dass früher oder später die Kredite und die niedrigen Zinsen für Athen verlängert werden - sobald die Union dafür bereit sei. Warum also nicht gleich die Wahrheit sagen?

© SZ vom 10.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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