Große Koalition:"Es kann gelingen" - diesmal wirklich?

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Gibt es eine Neuauflage der großen Koalition? Zum Auftakt der Sondierungen gibt sich Kanzlerin Merkel optimistisch. Doch die Lage ist für sie und die anderen Parteichefs heikel.

Von Stefan Braun, Berlin

Zum Start in die Sondierungen für eine neue große Koalition haben sich die Spitzen von CDU, CSU und SPD am Sonntag größte Mühe gegeben, Zuversicht zu verbreiten. Die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel betonte, sie sei optimistisch: "Es kann gelingen."

Merkel hob hervor, dass die innen- wie außenpolitischen Herausforderungen gewaltig seien. Umso wichtiger sei es, nun die "Voraussetzungen für eine stabile Regierung" zu schaffen. Es gehe darum, den Zusammenhalt in der Gesellschaft zu stärken, sich um eine gerechte Verteilung zu kümmern und das Thema Sicherheit umfassend in den Blick zu nehmen. Damit ließ sie Spielraum für Interpretationen, hinter denen sich auch die SPD wiederfinden könnte.

Ähnlich präsentierte sich der CSU-Vorsitzende Horst Seehofer. Zu Beginn der Sondierungen am Sonntag, die bis Donnerstagabend laufen sollen, sagte Seehofer, er wisse, dass man sich verständigen müsse. Die CSU wolle ihr Profil nicht verwischen; gleichwohl werde er versuchen, "die Dinge zu einem guten Ende zu bringen". Im Übrigen gelte für alle: "Weniger reden, mehr arbeiten."

Der SPD-Chef, Martin Schulz, betonte, er werde vor Beginn der Gespräche keine roten Linien ziehen, aber in den Sondierungen versuchen, möglichst viel rote Politik durchzusetzen. Er forderte die beiden anderen Parteien auf, Deutschland wieder auf die Höhe der Zeit zu bringen. Das gelte beispielsweise für die Bildungspolitik, für Investitionen in den Wohnungsbau, in die Infrastruktur und in die Pflege.

Die drei Parteichefs wissen, dass sie in einer heiklen Lage stecken. Im Fall eines Scheiterns würden auch für sie persönlich schwierige Zeiten anbrechen. Außerdem sagte Merkel, es gehe um das Ziel, dass man auch in fünf oder zehn Jahren "im Wohlstand und in einer Demokratie leben" könne. Dies wurde als Hinweis Merkels auf die Gefahren durch die Rechtspopulisten gewertet. Diese Sorge dürfte zusätzlich erklären, warum alle Parteiführungen bemüht sind zusammenzufinden.

Klingbeil: Erste Gespräche "ernsthaft, konstruktiv und offen"

Dazu passen auch Äußerungen der stellvertretenden SPD-Vorsitzenden Manuela Schwesig. Sie hatte im Deutschlandfunk gesagt, das Streitthema Familiennachzug für Flüchtlinge dürfe kein Grund für ein Scheitern werden. Es gehe es nicht um Hunderttausende Menschen, sondern um 70 000, die man organisiert aufnehmen könne.

Als Reaktion auf die chaotische Öffentlichkeitsarbeit der Parteien während der Jamaika-Sondierungen warben Merkel, Seehofer und Schulz dafür, in den kommenden Tagen auf Interviews, Talkshow-Auftritte und Wasserstandsmeldungen via Twitter zu verzichten.

So gab es auch nach der ersten Sondierungsrunde am Sonntagabend nur eine kurze - mit allen Parteien abgestimmte - Stellungnahme von SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil. "Wir alle sind uns der Verantwortung, die wir für die Zukunft Deutschland und Europa tragen, bewusst", sagte er. "Wir befinden uns in einer neuen Zeit. Und diese neue Zeit braucht eine neue Politik." Alle drei Parteien seien sich einig, dass es so nicht weitergehen könne. Die ersten Gespräche in 15 Arbeitsgruppen seien "ernsthaft, konstruktiv und offen" verlaufen.

© SZ vom 08.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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