Großbritannien:Skepsis gegenüber neuem Brexit-Plan

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Wieder stellen sich Abgeordnete der Konservativen gegen eine Vorlage von Premierministerin May - ihnen reichen die mit der EU ausgehandelten Verbesserungen nicht.

Von Björn Finke, London

Im Brexit-Drama ist die britische Premierministerin Theresa May am Dienstag auf eine weitere heftige Niederlage zugesteuert. Das Parlament sollte am Abend über den Austrittsvertrag abstimmen, auf den sich London und Brüssel geeinigt haben. Bereits Mitte Januar hatte das Unterhaus den Vertrag klar abgelehnt. Die konservative Regierungschefin hatte aber am Montagabend mit der EU Änderungen bei einer umstrittenen Klausel ausgehandelt - in der Hoffnung, dies würde ihr nun eine Mehrheit bescheren.

Allerdings verkündete der juristische Chefberater der Regierung am Dienstag im Unterhaus, dass die Anpassungen seine Bedenken nicht völlig ausgeräumt hätten. Eine Gruppe von EU-Gegnern in Mays konservativer Fraktion sagte ebenfalls, die Änderungen reichten nicht. Deswegen galt es als wahrscheinlich, dass die Abgeordneten das Abkommen erneut ablehnen würden.

Die Briten werden die EU nach bisheriger Planung am 29. März verlassen, in gut zwei Wochen. Ohne gültigen Vertrag droht ein ungeregelter Brexit. Die vereinbarte Übergangsphase, in der sich fast nichts ändert, fiele weg, stattdessen würden sofort Zölle und Zollkontrollen eingeführt mit schädlichen Folgen. Billigen die Parlamentarier das Abkommen nicht, stehen an diesem Mittwoch und Donnerstag weitere wichtige Abstimmungen an. Zunächst dürfen die Abgeordneten entscheiden, ob das Land ohne gültigen Vertrag austreten soll. Die große Mehrheit quer durch alle Parteien lehnt solch eine chaotische Trennung ab. Daher wird erwartet, dass sich das Unterhaus dagegen ausspricht. Am Tag darauf stimmen die Parlamentarier dann ab, ob die Premierministerin Brüssel um eine Verschiebung des Austritts bitten soll. Wahrscheinlich würden die Abgeordneten May diesen Auftrag erteilen. Die Staats- und Regierungschefs der EU könnten der Bitte bei ihrem Gipfel Ende kommender Woche entsprechen. Ein Aufschub bis zu den Europawahlen im Mai dürfte keine großen Probleme bereiten.

May warb am Dienstag im Unterhaus für das "verbesserte" Abkommen. "Unterstützt den Vertrag oder riskiert No Deal oder No Brexit", sagte sie - also eine Trennung ohne Vertrag oder die komplette Absage des Austritts. Bei der ersten Abstimmung über den Vertrag im Januar verweigerte ein gutes Drittel von Mays konservativer Fraktion ihr die Gefolgschaft. Deswegen scheiterte das Abkommen mit deutlicher Mehrheit.

Die meisten Abweichler stören sich am sogenannten Backstop für Nordirland. Diese Klausel soll verhindern, dass jemals Zollkontrollen zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland nötig sein werden. May und EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker vereinbarten am Montagabend Klarstellungen zu dieser Klausel, um die Bedenken der konservativen Abgeordneten auszuräumen. Juncker warnte danach: "Es wird keine neuen Verhandlungen geben." Werde dieser Vertrag nicht angenommen, finde der Brexit womöglich gar nicht statt. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach von "weitreichenden" Änderungen: "Wir haben uns Mühe gegeben, auf die britischen Sorgen einzugehen."

© SZ vom 13.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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