Großbritannien:Chaostage in London

Theresa May verschiebt das unvermeidliche Gezerre auf Tag X.

Von Cathrin Kahlweit

Theresa May hat die Notbremse gezogen. Es war allzu klar, dass sie am Dienstag bei der Abstimmung über den Brexit-Vertrag im Unterhaus eine krachende Niederlage eingefahren hätte, aufgrund derer sie womöglich zum Rücktritt gezwungen worden wäre. So tat sie, was sie bis zuletzt dementiert hatte, schließlich doch: Sie sagte den Showdown im Parlament ab - um ihn auf den Tag X zu verschieben.

Vorher wird sie tun müssen, was sie auch nicht tun wollte: in Brüssel um kleine Kompromisse bitten, damit sie im zweiten Anlauf daheim etwas vorlegen kann. Wenig ist damit gewonnen - außer jetzt, ganz akut, eine Regierungskrise zu vermeiden. Klar, May kann später sagen, sie habe alles versucht. Aber ob das reicht?

Allerlei Machos in allen Parteien verkünden derzeit über die britischen Medien, wie sie verhandeln würden, wie May hätte verhandeln müssen - und dass man nur in Brüssel auf den Tisch hauen müsse, um endlich einen anständigen Vertrag zustande zu bringen. Mal abgesehen davon, dass die EU so nicht funktioniert: Sollte nach Mays Gang nach Canossa respektive Brüssel kein - im Sinne der Kritiker - besserer Vertrag auf dem Tisch liegen, geht das Gezerre von vorn los. Dann wohl im neuen Jahr, ohne dass sich klare Mehrheiten für alternative Lösungen abzeichnen. Und die Uhr tickt.

© SZ vom 11.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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