Großbritannien:"Behaltet die Nerven"

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Die britische Regierungschefin Theresa May bittet das Parlament um mehr Zeit für ihre Verhandlungen über den Brexit.

Von Björn Finke, London

Premierministerin Theresa May hat das britische Parlament um mehr Zeit für ihre Verhandlungen mit der EU über den Austrittsvertrag gebeten. Die Konservative rief die Abgeordneten im Unterhaus am Dienstag dazu auf, "die Nerven zu behalten, um die Änderungen, die dieses Haus gefordert hat, zu bekommen und den Brexit pünktlich zu vollziehen". Die Gespräche mit Brüssel befänden sich in einer "entscheidenden Phase", sagte May. Am Donnerstag können die Parlamentarier über eigene Ideen zum weiteren Vorgehen beim Brexit abstimmen.

May muss befürchten, dass Abgeordnete ihren Handlungsspielraum einschränken wollen. Bereits vor zwei Wochen debattierte das Parlament über einen brisanten Antrag: Die Premierministerin sollte demnach per Gesetz gezwungen werden, Brüssel um eine Verschiebung des Austritts zu bitten, wenn der Vertrag nicht bald gebilligt wird. Dies soll das Risiko eines ungeordneten Austritts mindern. Solch einen Chaos-Brexit lehnt die große Mehrheit der Abgeordneten quer durch alle Parteien ab.

Die Regierung argumentiert aber, dass dieses Gesetz ihre Verhandlungsposition schwächen würde. Der Antrag fand keine Mehrheit, könnte jedoch am Donnerstag wieder vorgelegt werden. Um die Erfolgschancen dieses und ähnlicher Anträge zu verringern, garantierte May den Abgeordneten nun eine weitere Abstimmung am 27. Februar, sollte der Austrittsvertrag bis dahin nicht verabschiedet sein. Jeremy Corbyn, Chef der größten Oppositionspartei Labour, warf May vor, "rücksichtslos auf Zeit zu spielen".

Die Briten werden die EU nach bisheriger Planung in gut sechs Wochen verlassen, am 29. März - nach 46 Jahren Mitgliedschaft. Allerdings stimmte das Parlament Mitte Januar gegen das Austrittsabkommen, auf das sich London und Brüssel nach langen und mühsamen Diskussionen geeinigt hatten. Ohne gültigen Vertrag droht ein ungeregelter Brexit. Die vereinbarte Übergangsphase, in der sich wenig ändern soll, fiele weg. Stattdessen würden sofort Zölle und Zollkontrollen eingeführt; an den Häfen käme es zu Chaos.

Vor zwei Wochen versprach May dem Parlament, in Brüssel Änderungen beim sogenannten Backstop für Nordirland auszuhandeln und den Vertrag dann erneut vorzulegen. Dieser Backstop ist eine Auffanglösung, die verhindern soll, dass jemals Zollkontrollen zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland nötig sein werden. Viele Abgeordnete von Mays konservativer Fraktion votierten im Januar gegen den Vertrag, weil ihnen Regelungen dieses Backstop missfallen. May sagte zu, dass das Parlament am 14. Februar - am Donnerstag - über das weitere Vorgehen abstimmen darf, wenn das Abkommen nicht vorher verabschiedet wird.

Die EU weigert sich jedoch bisher, den Vertrag aufzuschnüren. EU-Chefunterhändler Michel Barnier traf sich am Montagabend mit dem britischen Brexit-Minister Stephen Barclay. Danach bekräftigte der Franzose, das Abkommen werde nicht geändert. Die Gespräche mit London würden aber fortgesetzt.

© SZ vom 13.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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