Gewalt im Irak:Dutzende Menschen sterben bei Terroranschlägen

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Der Irak wird von einer verheerenden Anschlagsserie erschüttert. Etliche Menschen sterben dort bei Selbstmordanschlägen. Gezielt versuchen die Drahtzieher, Attentäter dorthin zu schicken, wo besonders viele Menschen sind - auf Märkte und Beerdigungen.

Mindestens 30 Menschen sind bei einer Serie von Terroranschlägen im Irak ums Leben gekommen. Andere Quellen sprechen sogar von deutlich mehr Opfern. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet von mindestens 62 Toten.

In der Hauptstadt Bagdad explodierten innerhalb kurzer Zeit acht Autobomben, mindestens 17 Menschen starben, Reuters berichtet sogar von 40 Toten. Einer der Sprengsätze detonierte auf einem Markt im Viertel al-Schuala. Vor allem schiitische Stadtteile waren Ziel der Attacken.

Nordöstlich Bagdads, in der Provinz Dijala, sprengte sich ein Selbstmordattentäter bei einer Beerdigung in die Luft. Den Berichten zufolge galt die Trauerfeier einem Schuldirektor und sunnitischen Milizionär, der sich gegen al-Qaida eingesetzt hatte. Bei dem Anschlag wurden neben dem Attentäter mindestens elf Menschen getötet, die Nachrichtenagentur AFP berichtet von 16 Toten, Reuters von 18. Mehrere Trauergäste wurden verletzt.

"Der Kampf wird lang werden und er wird weitergehen", warnte der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki im staatlichen Fernsehen. Er forderte weltweite Unterstützung für den Kampf gegen Extremisten. "Falls wir nicht eingreifen, entsteht ein Kleinstaat des Bösen mit verheerenden Folgen für die Sicherheit der Region und der Welt."

Kämpfe um Polizeiwachen

Gleichzeitig versuchten islamistische Terroristen, weitere Gebiete unter ihre Kontrolle zu bringen. Angehörige der al-Qaida-nahen, sunnitischen Terrorgruppe "Islamischer Staat im Irak und in Syrien (ISIS)" vertrieben Kämpfer einer Bürgerwehr von einer Straßensperre im Dorf Abu Sieda nördlich von Bagdad. Sie skandierten Parolen gegen Angehörige der schiitischen Bevölkerungsmehrheit.

Augenzeugen meldeten auch Kämpfe zwischen ISIS-Terroristen und lokalen Sicherheitskräften im Umland der westirakischen Stadt Ramadi. Dort und in der Stadt Saklawijah zwangen sunnitische Aufständische Polizisten, ihre Polizeiwache zu verlassen und ihre Waffen zu übergeben. Parlamentspräsident Osama al-Nudschaifi appellierte an die Iraker, den Konflikt zwischen Sunniten und Schiiten nicht weiter anzuheizen.

In der Provinz Anbar gibt es seit zwei Wochen heftige Kämpfe zwischen der Armee und verschiedenen Gruppen sunnitischer Aufständischer. Diese kontrollieren die Stadt Falludscha sowie weite Teile Ramadis. In Form der ISIS-Gruppe erstarkt dort al-Qaida wieder. Die gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Angehörigen der schiitischen und der sunnitischen Glaubensgemeinschaft haben mittlerweile wieder das Ausmaß der Jahre 2006/07 erreicht, als tausende Menschen den Attentaten zum Opfer fielen.

Wende in der Sicherheitspolitik

Angesichts dieser jüngsten Erfolge der al-Qaida plant Ministerpräsident Nuri al-Maliki eine Wende in der Sicherheitspolitik: Die Regierung will die Milizen der sunnitischen Stämme wieder mit Waffen und Geld unterstützen. Maliki folgt damit dem Drängen insbesondere der USA. Nach dem Abzug der US-Soldaten vor zwei Jahren hat der Irak immer weniger auf die Sahwa-Milizen zurückgegriffen.

Die Mehrheit der Iraker sind Schiiten. Unter Präsident Saddam Hussein kontrollierten allerdings die Sunniten die Schalthebel der Macht. Seit dem Sturz des Diktators durch US-geführte Truppen 2003 nutzt die ebenfalls eher sunnitisch geprägte al-Qaida die Unzufriedenheit der Minderheit aus.

© Süddeutsche.de/dpa/AFP/Reuters/ebri/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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