Geteiltes Land:In Korea blitzt der Geist der Olympischen Spiele auf

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Gespräche auf hoher Ebene: Südkoreas Vereinigungs-Minister Cho Myoung-gyon (rechts) tauscht mit dem Leiter der nordkoreanischen Delegation, Ri Son-gwon, nach den Verhandlungen im südkoreanischen Panmunjom Dokumente aus. (Foto: Getty Images)

Wo scheinbar nichts mehr zu gewinnen war im gefährlichsten Konflikt der Welt um das nordkoreanische Atomprogramm, darf die Diplomatie noch einmal Anlauf nehmen.

Kommentar von Stefan Ulrich

Auf einmal blitzt sie auf, die verschollene, die vergessene, die unter Bergen von Geld, Dopingmitteln und Heuchelei verschüttete olympische Idee. Wenige Wochen vor Beginn der Winterspiele im südkoreanischen Pyeongchang haben sich die beiden Koreas plötzlich angenähert.

Wo scheinbar nichts mehr zu gewinnen war im gefährlichsten Konflikt der Welt um das nordkoreanische Atomprogramm, darf die Diplomatie noch einmal Anlauf nehmen. Die feindlichen Bruderstaaten wollen Militärgespräche führen und Spannungen abbauen. Und der Norden nimmt an den Spielen im Süden teil. Der Sieger ist, jedenfalls fürs Erste, der Geist des olympischen Friedens, der einst vom antiken Griechenland ersonnen worden ist.

Diejenigen aber, die Hüter der olympischen Idee eines friedlichen, fairen Wettkampfs und Austauschs der Athleten und Völker sein sollten, dürfen sich diesen Erfolg kaum an die Fahne heften. Zu oft, zu massiv und zu dreist hat das Internationale Olympische Komitee (IOC) den Geist der Spiele verraten.

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Nordkorea will mit Show-Auftritten bei den Olympischen Spielen im Süden sein Image verbessern, womöglich laufen die Länder gemeinsam ein. Das zeigt, wie sich der Konflikt entwickeln könnte.

Von Christoph Neidhart

Aus dem Heiligen Hain von Olympia ist ein gigantomanischer Wanderzirkus geworden, dessen Zelte dort, wo sie alle vier Jahre aufgeschlagen werden, alles plattmachen. Das Fest der Jugend ist zur Feier des Geldes verkommen. Und statt Fairness durchzusetzen, windet sich das IOC von Dopingskandal zu Dopingskandal.

Schlimmer noch: Die Hüter der Spiele haben es einst zugelassen, dass Olympia von der Politik mehrfach geschändet und als Propagandabühne missbraucht wurde. 1936 nutzten die Nazis die Spiele in Deutschland, um ihr mörderisches Regime zu verherrlichen.

Später, im Jahr 2014, durfte der russische Dreiviertel-Autokrat Wladimir Putin Winterspiele im subtropischen Sotschi inszenieren, ohne sich groß um Umweltschutz, Menschenrechte oder die Sauberkeit des Sports zu scheren. Zum Dank bekam Putin von IOC-Präsident Thomas Bach versichert, er habe alle Versprechen gehalten. Kurz darauf raubte Putin die ukrainische Krim.

Olympische Idee wird endlich einmal mit Leben erfüllt

Dennoch bleibt die olympische Idee als Ideal bestehen, das dem IOC vorgehalten werden kann. Und manchmal spiegelt sich dieses Ideal sogar in der Realität wider. Schon im antiken Olympia dienten die Wettkämpfe nicht nur der Begegnung junger Sportler. Vielmehr kamen auch Staatsmänner, Diplomaten, Philosophen, Künstler und viele normale Bürger aus den verschiedenen griechischen Staaten zusammen, um sicher und in Frieden miteinander zu sprechen.

Nun schickt Nordkorea, das den Süden - und die Vereinigten Staaten - gerade noch mit einem Inferno bedrohte, eine olympische Delegation nach Pyeongchang. Das bringt gewiss noch keinen freien Austausch mit sich. Und es bedeutet schon gar nicht, dass der nordkoreanische Tyrann Kim Jong-un zum friedlichen Menschen mutiert ist. Aber es symbolisiert die Einsicht beider Seiten, dass dieser Konflikt auf keinen Fall mit Gewalt gelöst werden darf. Somit bleiben nur Begegnung und Gespräch. Die Spiele kommen dafür gerade recht.

Und der Sport? Aus Nordkorea haben sich für die anstehenden Winterspiele lediglich zwei Eiskunstkäufer qualifiziert, die jetzt wohl nachgemeldet werden dürfen. Viel Lorbeer für sein isoliertes Land kann Kim Jong-un also nicht erwarten. Doch zumindest in diesem Fall gilt bei den Olympischen Spielen 2018: Dabei sein ist alles.

© SZ vom 10.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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