Gesundheitspolitik:Spahn will Therapie von Homosexualität verbieten

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Laut Gesetzentwurf soll die Behandlung nur möglich sein, wenn sie nachweislich dem Willen des Behandelten entspricht.

Von Rainer Stadler, München

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat einen Gesetzentwurf zum Verbot sogenannter Konversionstherapien gegen Homo- und Transsexualität vorgelegt. Er sieht vor, dass die Therapien bei Jugendlichen unter 18 Jahren grundsätzlich untersagt werden. Auch bei Erwachsenen ist geplant, die umstrittenen Heilungsversuche unter Strafe zu stellen, wenn die Betroffenen einem "Willensmangel" unterliegen, also durch Täuschung, Zwang oder Drohungen beeinflusst wurden. Die Werbung für solche Behandlungen soll dem Entwurf zufolge ebenso verboten werden wie deren Vermittlung.

Spahn hatte bereits im Juni angekündigt, ein entsprechendes Gesetz auf den Weg zu bringen. "Homosexualität ist keine Krankheit und damit nicht therapiebedürftig", argumentierte er. Sein Ministerium strebt ein "möglichst umfassendes Verbot" der Therapien an, wie ein Sprecher mitteilte, der Entwurf zeigt allerdings, dass dies juristisch nicht so ohne Weiteres umsetzbar ist. Die Heilversuche sind nämlich auch in Zukunft erlaubt, wenn der Therapeut nachweisen kann, dass sie im Sinne des Behandelten erfolgen und dieser umfassend über die Risiken aufgeklärt wurde. Das gilt auch für Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren. Bei "vollständiger Aufklärung und Kenntnis der Sachlage" lasse sich kein Verbot legitimieren, heißt in der Begründung des Entwurfes.

Experten fordern seit Jahren ein Verbot solcher Therapien. Für den Münchner Juristen Martin Burgi, der für das Bundesgesundheitsministerium ein Gutachten über ein mögliches Verbot verfasste, könnten sie die Gesundheit der Betroffenen beeinträchtigen und damit deren Recht auf körperliche Unversehrtheit. Auch das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung werde verletzt. Schließlich würden Homosexuelle stigmatisiert, wenn suggeriert werde, ein "unabänderliches Persönlichkeitsmerkmal" sei durch eine Therapie zu beseitigen.

In der Begründung zum Gesetzentwurf heißt es, ein wissenschaftlich valider Nachweis für die behauptete Wirkung oder den therapeutischen Nutzen derartiger "Therapien" existiere nicht. Nachgewiesen seien jedoch "negative und schädliche Effekte solcher Behandlungen auf behandelte Personen wie auch auf Dritte", die dadurch stigmatisiert und diskriminiert würden. Der Entwurf zum "Sexuelle-Orientierung-und-geschlechtliche-Identität-Schutz-Gesetz" ist laut Bundesgesundheitsministerium mit dem Justiz- und dem Innenministerium abgestimmt und wurde nun auch verschiedenen Interessenverbänden zur Abstimmung vorgelegt.

In Deutschland, schätzen Experten, werden jährlich etwa 1000 Menschen mit dem Ziel behandelt, ihre sexuelle Orientierung zu verändern. Schwulen- und Transverbände kritisieren, Menschen würden so in die Depression oder gar den Suizid getrieben. In den USA hatte der Fall eines Trans-Mädchens aus Ohio landesweit Diskussionen ausgelöst. Ihre Eltern zwangen sie zu einer Therapie, sie nahm sich daraufhin das Leben. Mittlerweile sind solche Behandlungen in jedem dritten US-Bundesstaat verboten.

© SZ vom 05.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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