Gesundheit:Risiko Familie

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Häufiger Karies, häufiger Übergewicht und eine deutlich höhere Anfälligkeit für Entwicklungs- und Verhaltensstörungen: Wenn die Eltern keinen Bildungsabschluss haben, werden Kinder eher krank.

Von Kristiana Ludwig, Berlin

Kinder von Eltern, die keinen Bildungsabschluss haben, werden deutlich häufiger krank als Kinder aus Akademikerfamilien. Das zeigt eine Studie der Krankenversicherung DAK, die Daten von knapp 600 000 Heranwachsenden und mehr als 430 000 Eltern ausgewertet hat. Vor allem Karies und Übergewicht, also die Folgen ungesunder Ernährung, kommen bei Kindern und Jugendlichen aus bildungsfernen Familien 2,5-mal häufiger vor. Auch Entwicklungs- und Verhaltensstörungen, Asthma und Allergien treffen öfter diese Kinder. Die Ausbildung der Eltern ist laut dem Bielefelder Studienautor Wolfgang Greiner noch bedeutsamer als das Einkommen der Eltern. Bislang hatten Studien vor allem den Zusammenhang zwischen dem Gehalt der Eltern und der Gesundheit der Kinder gezeigt.

Der Kinderarzt kritisiert auch irreführende Werbung

Die Auswertung der DAK-Versichertendaten zeigt auch, dass Kinder, deren Eltern an Übergewicht, Depressionen oder Drogenabhängigkeit leiden, ein deutlich erhöhtes Risiko haben, dieselben Probleme zu entwickeln. Acht Prozent aller untersuchten Kinder hatten mindestens einen Elternteil, der 2016 aufgrund einer Suchterkrankung in Behandlung war. Für diese Kinder musste die Krankenkasse ein Drittel mehr Geld für Ärzte, Krankenhäuser und Medikamente ausgeben. Besonders oft litten sie unter einem Aufmerksamkeitsdefizit-Syndrom, einer Schulphobie, Angststörungen und Depressionen.

Der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, sagte, man kenne den Zusammenhang zwischen Armut und Krankheit gut aus den Kinderarztpraxen. Bildungsarmut bedeute häufig doch, dass Familien von einem niedrigen Einkommen leben müssten und Eltern eher mit ihren eigenen Sorgen beschäftigt seien als mit ihren Kindern. Gewalt und psychische Erkrankungen gehörten dazu, aber auch die besondere Stresssituation alleinerziehender Mütter und Väter. Solchen belasteten Familien fehle ein Gesundheitsbewusstsein, weshalb sie auch oft günstiges und schnelles Essen wählten. Fischbach sagte, man müsse Kinder und Jugendliche unabhängig von ihren Eltern über eine gesunde Lebensweise aufklären. Schon in Kindertagesstätten müsse diese Pädagogik ansetzen. Er kritisierte außerdem irreführende Werbung, die Familien ein stark gezuckertes Produkt als besonders gesund verkaufe, und forderte eine leicht verständliche Nährwertkennzeichnung.

© SZ vom 29.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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