80. Geburtstag des Che:Der Traum vom ewigen Rebellen

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Castro ist alt, Che Guevara ewig frisch: Zum 80. Geburtstag haben die Argentinier dem Revoluzzer ein kolossales Denkmal errichtet. Der "Che" ist in Lateinamerika zur Ikone geworden.

Peter Burghardt

Noch einmal ging Che Guevara auf Reisen, er war ja immer viel unterwegs. Die vorläufig letzte Tour des ewigen Rebellen begann Ende Mai in Buenos Aires, diesmal ganz in Bronze. Ein Bildhauer ließ 75.000 Schlüssel und andere Objekte von 15.000 Spendern einschmelzen und goss sie in eine Form, vier Meter hoch und drei Tonnen schwer.

Der Koloss von Rosario: Vier Meter hoch und drei Tonnen schwer ist der Che Guevara aus Bronze, der anlässlich des 80. Geburtstags der Vorlage gegossen wurde. (Foto: Foto: Reuters)

Das Gesicht ist selbstverständlich so modelliert wie das auf dem berühmtesten Bild des Heroen, mit dem Blick des entschlossenen Melancholikers, zotteligem Haar und einer Kappe mit Stern. Dann wurde das Monument durch Argentiniens Metropole an den Hafen gefahren, auf ein Schiff geladen und den Rio de la Plata und den Paraná hinauf nach Rosario geschippert. Im Rahmen einer umfangreichen Hommage wird der Koloss am Samstag enthüllt und dabei auch einen eigenen Park bekommen, denn die Vorlage wird nun 80 Jahre alt.

Am 14. Juni 1928 kam Ernesto Guevara de la Serna in der argentinischen Stadt zur Welt, dort nahm seine Odyssee ihren Lauf. Wegen seines Asthmas zog er mit der Familie bald Richtung Cordoba, später machte der junge Arzt Revolution.

Die kubanische Version gelang gemeinsam mit Fidel Castro 1959, der Aufstand in Bolivien war ein tödliches Fiasko. Am 8. Oktober 1967 geriet er mit seinem Häuflein Guerilleros in einen Hinterhalt und wurde tags darauf in der Dorfschule von La Higuera erschossen. Der Schütze im Auftrag der CIA hatte sich Mut angetrunken.

Knochen des Opfers wurden 1997 im nahen Vallegrande ausgegraben, nach Kuba überführt und unter einer Statue in Santa Clara beigesetzt. Jetzt kriegt also auch Rosario sein Denkmal. Man sei stolz darauf, "die Wiege des Che gewesen zu sein", sagt Bürgermeister Miguel Lifschitz. "Che ist eine der wichtigsten politischen Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts."

Unter Romantikern besteht daran kein Zweifel. Das Idol von Generationen genießt ewige Jugend. Castro ist alt und krank, Che Guevara bescherte der frühe Tod mit 39 Jahren ewige Frische. Wenige Porträts wurden öfter gedruckt als der Schnappschuss des kubanischen Fotografen Alberto Korda - Demonstranten und T-Shirt-Träger zwischen Berlin und Bali laufen damit herum, es gibt Schlüsselanhänger, Krawatten, Geldbeutel.

"Seremos como el Che", rufen Pioniere in Havanna, seien wir wie Che. Die Serie der Che-Werke wird gerade um den Zweiteiler des Regisseurs Steven Soderbergh erweitert. Den "neuen Menschen", den er sich wünschte, schuf der Revoluzzer zwar nicht. Aber er hinterließ Werbern, Autoren und Filmemachern ein Phänomen vom Range einer Heiligenfigur. "Che, Held, Mythos und Marketing", ist der Titel einer Konferenz in Rosario.

"Komödianten und Märtyrer"

In seiner Heimat bildet der Argentinier mit den ebenfalls jung verstorbenen Landsleuten Evita Perón und Carlos Gardel (Tangosänger) sowie dem lebendigen Diego Maradona (Fußballer mit Che-Tattoo am Oberarm) das Quartett der Legenden. "Komödianten und Märtyrer", stänkerte der Soziologe Juan José Sebreli in einem Essay und bekam einen Preis dafür.

In Argentinien ist das Wort "Che" eine Anrede, eine Art Hey, daher der Kosename. Der globalisierte Che ist längst ein Symbol für den Widerstand gegen die gesammelten Ungerechtigkeiten. Selten war die Ikone populärer, gerade in Lateinamerika. In Bolivien setzte der indigene Koka-Gewerkschafter Evo Morales seinen Aufstand erfolgreich fort und wurde Präsident. In Venezuela regiert Hugo Chávez als Rächer der Enterbten. "Das würde Che zufrieden machen", glaubt Carlos Ferrer, Kumpane früher Abenteuer.

Ferrer ist ein hagerer Mann von 79 Jahren, er kannte Che seit Kindertagen. Gemeinsam bestritten sie dessen zweite Tournee durch Südamerika. Ferrer machte in Guayaquil in Ecuador kehrt, Guevara zog weiter. Nach Guatemala und Mexiko, wo er mit den Castros die Yacht Granma bestieg und aufbrach, um Kuba zu erobern. Ferrer schrieb ein dünnes Buch, eines der vielen Bücher über den Bürgerschreck. Er hält Vorträge, für ihn ist der Freund "ein beispielhafter Mensch, ein Modell". Der bolivianische Staatschef Morales lud ihn zum Essen ein.

In Rosario ist Carlos Ferrer dabei, es kommen auch Guevaras Söhne und Töchter und weitere Ehrengäste. "Wir haben eine Verpflichtung für seine Werte, seine Ideen, seinen Kampf, sein Erbe", findet Bürgermeister Lifschitz. Was Che wohl zum Streit der argentinischen Regierung mit den Bauern und den Plänen für einen sündteuren Schnellzug sagen würde, wurde er gefragt. Das wisse er nicht so genau, antwortete das Stadtoberhaupt, jedenfalls würde sich Che für eine gerechte Gesellschaft einsetzen. Einzelheiten werden bestimmt noch geklärt.

© SZ vom 14.06.2008/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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