Gebührenerhöhung:Erhöhung des Rundfunkbeitrags gestoppt

Lesezeit: 2 min

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff löst damit einen Koalitionsstreit. Andere Bundesländer reagieren verärgert.

Von Jan Bielicki, München/Leipzig

Nach wochenlangem Koalitionsstreit wird Sachsen-Anhalts Regierung die vorgesehene Erhöhung des Rundfunkbeitrags scheitern lassen. Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) zog am Dienstag eine Vorlage zu einem entsprechenden Staatsvertrag zurück, bevor der Landtag in Magdeburg darüber abstimmen konnte. Damit kann dieser Staatsvertrag, obwohl von den übrigen 15 Bundesländern gutgeheißen, nicht in Kraft treten. Der Beitrag, aus dem sich die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten finanzieren und eigentlich zum Jahreswechsel von 17,50 auf 18,36 im Monat steigen sollte, bleibt vorerst unverändert.

Haseloff zog mit seiner Volte die Konsequenzen aus einem heftigen Streit, der seine sogenannte Kenia-Koalition an den Rand der Spaltung gebracht hatte. Die Fraktionen von CDU, SPD und Grünen hätten mitgeteilt, dass es unterschiedliche Auffassungen zum Staatsvertrag gebe, hieß es aus der Magdeburger Staatskanzlei.

Tatsächlich hatte die Landtags-CDU eine Beitragserhöhung vehement abgelehnt. SPD und Grüne wollten den Staatsvertrag dagegen mittragen, auf den sich die Ministerpräsidenten der Bundesländer - bei Stimmenthaltung Haseloffs - im Frühjahr geeinigt hatten.

Bei einer Abstimmung im Landtag hätte die CDU-Fraktion den Gesetzentwurf ihres Ministerpräsidenten blockieren können - gemeinsam mit der oppositionellen AfD, die den Staatsvertrag ebenfalls ablehnt. Für diesen Fall hatten SPD und Grüne jedoch angekündigt, die seit 2016 bestehende Koalition nicht mehr weiterführen zu wollen.

Eskaliert war die Krise bereits in der vergangenen Woche. Am Freitag hatte Haseloff seinen Innenminister Holger Stahlknecht entlassen. Stahlknecht, bis dahin auch Landeschef der CDU, hatte zuvor in einem Interview den Koalitionspartnern gedroht, seine Partei könne bis zur Landtagswahl im kommenden Juni auch mit einer Minderheitsregierung alleine weiterregieren. Einlenken wollte die CDU-Fraktion aber auch nach Stahlknechts Rausschmiss nicht.

Mit der Rücknahme seines Gesetzentwurfs hat Haseloff ein gemeinsames Nein von CDU und AfD im Landtag verhindert - und damit auch das Platzen seiner Koalition. Die Grünen kritisierten sein Vorgehen zwar, wollen aber das Bündnis wegen der Corona-Krise nicht auflösen: "In dieser schweren Situation können wir das Land nicht einer in der Tendenz handlungsunfähigen CDU überlassen - und erst recht nicht einer rechtsextremen AfD", sagte ihr Landeschef Sebastian Striegel.

Scharfe Kritik schlug Haseloff und Sachsen-Anhalts CDU auch aus anderen Ländern entgegen. Als "unmöglich" bezeichnete Sachsen Ministerpräsident Michael Kretschmer die Entscheidung seines Magdeburger Amts- und Parteikollegen. "Bedauerlich und nicht nachvollziehbar" nannte sie Bayerns Medienminister Florian Herrmann. "Dass man sich in Sachsen-Anhalt von der AfD so treiben lässt, halte ich überdies für einen schweren Fehler", sagte der CSU-Politiker der Süddeutschen Zeitung.

Da Bayern und andere Bundesländer Nachverhandlungen über den Staatsvertrag ausschließen, wird über die künftige Höhe des Rundfunkbeitrags am Ende wohl das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Die ARD-Anstalten, das ZDF und das Deutschlandradio kündigten am Dienstag unabhängig voneinander an, in Karlsruhe zu klagen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: