G-7-Gipfel:Alle Augen auf Peking

Lesezeit: 3 min

US-Außenminister Antony Blinken (li.) und sein japanischer Kollege Yoshimasa Hayashi. (Foto: Andrew Harnik/AP)

Die Außenminister der sieben größten Industrienationen diskutieren über die Frage, wie der globale Westen auf das Verhalten Chinas reagieren sollte.

Von Paul-Anton Krüger, Karuizawa

Am blauen Frühlingshimmel über Karuizawa stehen weiße Schleierwolken. Sie kommen aus dem Asama, an dessen Südhang der japanische Ferienort liegt. "Einen rauchenden Vulkan sieht man auch nicht allzu oft", sagt Bundesaußenministerin Annalena Baerbock, es passe aber "aber zu den geopolitischen Zeiten auch sehr gut". Die Außenminister der sieben größten Industriestaaten haben sich hier auf Einladung ihres japanischen Kollegen Yoshimasa Hayashi zwischen den letzten blühenden Kirschbäumen zu ihrem ersten formellen Treffen in diesem Jahr eingefunden.

Zu diesem Zeitpunkt haben Baerbock und ihre Kolleginnen und Kollegen ein informelles Abendessen und vier Arbeitssitzungen hinter sich, haben über das Verhältnis zu China und Nordkorea gesprochen, über die Lage im Indopazifik, über Iran, den Nahen Osten, die Situation in Afghanistan und Zentralasien. In all diesen Treffen aber ist die Hintergrundmusik immer wieder die Frage, welche Rolle Peking spielt - und wie der globale Westen darauf antworten soll.

Japan, das den rotierenden Vorsitz von Deutschland übernommen hat, vermeidet es, den zur Großmacht aufgestiegenen Rivalen in der Region allzu offen und direkt zu kritisieren. So fasst Außenminister Hayashi die Beratungen am Montag mit der Formel zusammen, die G7 würden "der Welt ihre feste Entschlossenheit demonstrieren, die internationale Ordnung auf Grundlage der Rechtsstaatlichkeit aufrechtzuerhalten" und "jegliche einseitigen Versuche zurückweisen, den Status quo durch Gewalt zu ändern". Da ist China und der von der Kommunistischen Partei erhobene Anspruch auf Taiwan genauso gemeint wie territoriale Ambitionen Pekings im Südchinesischen Meer und Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Es sind weiterhin keinerlei Zeichen für eine Verhandlungsbereitschaft des Kreml erkennbar

Baerbock führt am Montag aus, man müsse dem russischen Präsidenten Wladimir Putin klarmachen, dass sein Plan nicht aufgehen werde, die Partner der Ukraine zu spalten, wenn er nur lange genug seinen Krieg fortsetze. Die G7 berieten darüber, wie sie ihre militärische, politische und wirtschaftliche Unterstützung für Kiew fortentwickeln müssen, ebenso wie die humanitäre Hilfe und Perspektiven für den Wiederaufbau. Das Ziel: Die Ukraine in eine Position zu bringen, dass sie so stark ist, "dass sie frei über ihre Zukunft entscheiden kann", sollte Russland eines Tages bereit sein, über einen dauerhaften und gerechten Frieden zu verhandeln.

Mit den umfangreichsten Waffenlieferungen seit Beginn des Krieges hat der Westen in den vergangenen Monaten versucht, die Grundlage dafür zu schaffen, dass die Ukraine diesem Ziel zumindest auf dem Schlachtfeld durch eine Offensive im späten Frühjahr näherkommt - erhebliche Geländegewinne gegen die russischen Invasionstruppen wären Voraussetzung dafür. Vom Erfolg der Gegenangriffe hängt vieles ab.

Derart umfangreiche Waffenhilfe mit Kampf- und Schützenpanzern, Raketenwerfern, Flugabwehr und inzwischen auch Kampfjets aus sowjetischer Produktion lässt sich nicht unbegrenzt aufrechterhalten, das räumen auch westliche Diplomaten ein. Zugleich haben längst die Debatten begonnen über Sicherheitsgarantien für die Ukraine, sollte eine politische Lösung greifbar werden. Allerdings sind weiterhin keinerlei Zeichen für eine Verhandlungsbereitschaft des Kreml erkennbar.

Alle Nachrichten im Überblick
:SZ am Morgen & Abend Newsletter

Alles, was Sie heute wissen müssen: Die wichtigsten Nachrichten des Tages, zusammengefasst und eingeordnet von der SZ-Redaktion. Hier kostenlos anmelden.

Dieselbe Geschlossenheit wie bei der Unterstützung Kiews beschwören die G7 auch gegenüber China. "Wir haben hier deutlichgemacht, wenn es zu einem Völkerrechtsbruch kommt, dass Europa nicht wegschauen wird," sagte Baerbock auch mit Blick auf Taiwan, so wie im vergangenen Jahr auch Länder wie Japan der Ukraine beigestanden hätten. "Wir dürfen uns nicht in unser Schneckenhaus zurückziehen." Sie bekräftigte zugleich die Ein-China-Politik, die im Grunde auch von allen anderen G-7-Staaten geteilt wird.

Aus der US-Delegation von Außenminister Antony Blinken hieß es, die Botschaft aller G-7-Staaten sei dieselbe: Man wolle mit China in Feldern zusammenarbeiten, wo China zur Kooperation bereit sei. Man werde aber jedem Versuch Chinas entgegentreten, den Status quo in der Straße von Taiwan zu verändern. Einig waren sich die G7, dass die Entwicklung dort besorgniserregend sei, auch wenn nicht mit einer akuten Eskalation gerechnet wird. Bislang weigert sich China, US-Außenminister Blinken einen Termin zu geben, der einen geplanten Besuch absagte, nachdem die USA chinesische Ballons in ihrem Luftraum abgeschossen hatten, die offenbar Spionagezwecken dienten. Mit welchen Konsequenzen Peking bei einer Eskalation zu rechnen hätte, wird auch die für Dienstag erwartete Abschlusserklärung wohl nicht ausbuchstabieren. Man setzt auf Deeskalation - niemand will einen Ausbruch dieses Vulkans irgendwie befördern.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMeinungChina
:Mit Unterwürfigkeit geht es für Europa hier nicht mehr weiter

Peking nutzt seine ökonomische Macht unverhohlen, um seine politischen Ziele durchzusetzen. Die EU muss dringend ihr Verhältnis zu dem Land klären.

Kommentar von Paul-Anton Krüger
Jetzt entdecken

Gutscheine: