Fremdenfeindlichkeit:"Hässliche Minderheit"

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Stanislaw Tillich setzt auf den Dialog mit den Unzufriedenen. (Foto: Arno Burgi/dpa)

Rechtsextreme Umtriebe und die anhaltenden Pegida-Demos haben Sachsens Image beschädigt. Nun geißelt Ministerpräsident Stanislaw Tillich die Populisten.

2016 war kein glückliches Jahr für Sachsen. Ausländerfeindliche Anschläge, rechte Krawalle und Verbal-Attacken von Pegida-Anhängern auf die höchsten Repräsentanten des Staates haben den Ruf nachhaltig beschädigt. Nicht nur in der öffentlichen Wahrnehmung, auch Unternehmen sorgen sich, dass sich das rechte Image als negativer Standortfaktor auswirken könnte - trotz guter wirtschaftlicher Lage. "Es ist richtig: Es hat bei uns eine hässliche Minderheit gegeben, die diesen Ruf und Fleiß der Mehrheit der Sachsen in den Dreck gezogen hat. Es ist eine bittere Lehre des Jahres 2016, dass wir so etwas in unserem Land haben", sagt Ministerpräsident Stanislaw Tillich.

Kein anderes Bundesland stand 2016 auch medial so am Pranger. Als es im Oktober - wenige Tage nach den Pegida-Krawallen bei der zentralen Feier zum Tag der Deutschen Einheit in Dresden - auch noch zu Pannen bei der Festnahme des Terrorverdächtigen Dschaber al-Bakr in Chemnitz kommt und sich der Syrer kurze Zeit später in Leipzig in der Untersuchungshaft erhängt, ist von "Staatsversagen" die Rede. "In der Pauschalität war das nicht angemessen", sagt Tillich, dessen CDU Sachsen seit der Wiedervereinigung regiert. 2016 sei "ein Jahr mit Licht und Schatten" gewesen. "Der Schatten hat die Wahrnehmung dominiert. Ich wünsche mir, dass das Licht wieder stärker wird. Ich wünsche mir, dass man von Sachsen das wahrnimmt, was die übergroße Mehrheit leistet."

Tillich verweist auf "eine Vielzahl von Menschen", die sich "einerseits dafür einsetzen, dass Staat und Gesellschaft funktionieren und die sich andererseits darum gekümmert haben, dass die Flüchtlinge bei uns aufgenommen werden". Wie die Sachsen zu Fremden und zur Demokratie stehen, hat die Staatsregierung 2016 erstmals vom Meinungsforschungsinstitut dimap untersuchen lassen. Der im Herbst vorgelegte "Sachsen-Monitor" offenbart, dass eine Mehrheit Deutschland für "in einem gefährlichen Maß überfremdet" hält. 62 Prozent waren der Meinung, dass Deutschland eine "starke Partei" brauche, die "die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert". Fast jeder fünfte Sachse (18 Prozent) glaubt, dass Deutsche "anderen Völkern von Natur aus überlegen" sind. Diese Einstellungen spiegeln sich auch in Wahlumfragen wider, in denen die AfD derzeit bei 25 Prozent liegt - als zweitstärkste Kraft hinter der CDU.

Dies sei aber kein sächsisches Phänomen, sagt Tillich. Überall in Europa nehme die Zahl der Populisten zu. Grund sei die Flüchtlingskrise. Die Bürger hätten Europa als nicht besonders handlungsfähig wahrgenommen. Das schwindende Vertrauen in die Politik sei auf "ein Defizit zwischen Ankündigung und Einlösen" zurückzuführen. "Die Leute wollen, dass das Recht durchgesetzt wird. Wenn das nicht erfolgt, entsteht Frust." Die Bürger wünschten sich Sicherheit. "Sie neigen nicht per se zu großen Veränderungen. Gerade im Osten Deutschlands haben die Menschen nach 1990 viele Veränderungen durchgemacht." Tillich setzt auf Dialog mit den Unzufriedenen. Er glaube fest daran, "dass es unter den Protestwählern viele Menschen gibt, die man für die Volksparteien zurückgewinnen kann".

© SZ vom 31.12.2016 / dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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