Freizeit:Waidwerk wird weiblich

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Immer mehr Frauen entdecken ihre Lust an der Jägerei.

Von Tanja Rest

Die allzeit streitbare Sängerin und Feministin Pink hielt den Zeitpunkt für gekommen, Tacheles zu reden. "Ich war empört, als ich erfuhr, dass Sie jagen und aus Spaß an der Freude Tiere töten. Und dass Sie in Afrika absichtlich einen Speer in ein winziges Reh gestoßen haben", schrieb sie in einem offenen Brief an Prinz William. Sie frage sich, ob das Ganze "eine Art Beweis von Männlichkeit" sei. Das war im Jahr 2003. Es ist nicht bekannt, welches Waidwerk der britische Thronfolger in Afrika exakt verrichtete; möglicherweise unterhält Pink auch ein etwas abstruses Bild von der Jagd. Als sicher darf jedoch gelten, dass sie die Hinwendung gerade von Frauen zur Jägerei nicht kommen sah.

Wenn an diesem Dienstag in Dortmund Europas größte Jagdmesse "Jagd & Hund" eröffnet, gibt es in Deutschland mehr Jagdscheininhaber als jemals zuvor: 384 428 sind es exakt. Allein im vergangenen Jahr traten mehr als 20 000 Menschen zum gefürchteten "grünen Abitur" an (und jeder Fünfte scheiterte). Der Anteil von Frauen an der Jägerschaft beläuft sich derzeit auf eher magere sieben Prozent - noch. "Jäger gelten ja gemeinhin als etwas konservativ", sagt Torsten Reinwald, Sprecher des Deutschen Jagdverbandes (DJV): "Vielleicht hat die Emanzipation einfach ein bisschen länger gebraucht, bis sie in der Jagd angekommen ist." Dafür kommt sie jetzt mit Karacho. In den Jagdkursen war zuletzt jeder vierte Stuhl mit einer Frau besetzt, eine Steigerung von 20 Prozent in sieben Jahren.

Die Motive der Jungjägerinnen sind dabei nicht anders als die der Männer. Nach einer Erhebung des DJV geht es einer großen Mehrheit in erster Linie um das Naturerlebnis, gefolgt von dem Wunsch, beim Tier- und Naturschutz mit anzupacken. Dafür gibt es im Revier reichlich Gelegenheit: Biotoppflege, Wiederansiedlung von Niederwild, Schutz vor Tierseuchen, Fütterung des Wildes in Notzeiten - all das wird von Jägern erledigt, weshalb der DJV als Naturschutzvereinigung staatlich anerkannt ist. Immer gefragter bei den Deutschen ist auch das Wildbret, durchaus passend zur Debatte über die Massenhaltung von mit Hormonen vollgepumpten Rindern und Schweinen. Welches Fleisch sollte gesünder und ethisch korrekter sein als das eines Rehbocks, der bis zum tödlichen Schuss ein Leben in Freiheit führte? "Aus Spaß an der Freude Tiere töten", darum geht es demnach eher nicht. Nur sechs Prozent der Jagdscheininhaber nennen das "Interesse an Waffen" als Motivation, für viele ist das Schießen eher Nebensache. Das Einzige, was die Frauen von den Männern unterscheidet: Überdurchschnittlich viele kommen durch die Ausbildung ihres Hundes zur Jagd.

Da hat sich jetzt natürlich eine schöne Nische aufgetan. Der Buchmarkt wird seit Jahren von Erlebnisberichten jagender oder falknernder Frauen geflutet, einzelne Waffenhersteller bieten bereits leichtere Gewehre mit kürzerem Schaft an, und natürlich gibt es inzwischen auch figurbetonte Jägerinnenkleidung oder, tatsächlich, Thermounterwäsche und Fleecejacken in Flecktarnpink. Einer Studie zufolge ist Rosa bei einer Drückjagd im Wald noch besser sichtbar als das bisher übliche Warnwestengelb oder -orange. Was auch immer man davon halten mag, dem Bock kann es egal sein. Er sieht ohnehin nur Grau.

© SZ vom 29.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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