Frankreich:Reform brachial

Die Regierung beschleunigt nur ihr eigenes Ende.

Von Christian Wernicke

Und wieder zerfleischt sich Frankreichs Linke. Nach Straßenprotesten ist der Streit um eine Liberalisierung der 35-Stunden-Woche und des gesamten Arbeitsrechts nun zwar endlich im Parlament angekommen. Nur, dort fehlt den regierenden Sozialisten jedwede Vernunft, um diese wichtige Reform voranzubringen. Zum Beweis hat Premier Manuel Valls nun entschieden, das Gesetzeswerk mit Gewalt durchzusetzen: Er stellt die Vertrauensfrage - um so eine Abstimmung in der Sache zu umgehen.

Eine Ursache für die Blockade ist der Premierminister selbst. Valls regiert gern mit schneidigen Appellen zur Gefolgschaft. Weiche Führung, gar das Umwerben der Widersacher mit Argumenten, liegt diesem Hobbyboxer nicht. Das andere Übel sind jene drei Dutzend linke Partei-Dissidenten, denen seit beinahe vier Jahren der Kurs von Präsident François Hollande eh nicht passt. Wann immer die Regierung diesen "Frondeuren" eine Konzession offeriert, blättern sie um zum nächsten Paragrafen - und verlangen "mehr, mehr, mehr". Diese Minderheit will keine Kompromisse, sondern die Kapitulation der Mehrheit.

Valls und Hollande dürften die Abstimmung am Donnerstag überstehen. Die Reform geht weiter. Zugleich aber ist ein Ende abzusehen - das Ende Hollandes. Mit einer so erbärmlich zerstrittenen Linken kann kein Präsident Staat machen. Oder gar von einer Wiederwahl 2017 träumen.

© SZ vom 12.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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