Frankreich:Feind im eigenen Fort

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Der französische Geheimdienst vereitelt den Anschlagsplan eines ausgemusterten Matrosen.

Von Christian Wernicke, Paris

Der grausame Plan stammte von ihm: Djibrill A., 23, ausgemusterter Matrose der Marine, wollte genau dort zuschlagen, wo er einst selber Wache geschoben hatte. Im Fort Béar am Mittelmeer, einem Ausbildungszentrum für französische Elitekommandos der Armee, wollte der mutmaßliche Möchte-gern-Terrorist offenbar einen früheren Vorgesetzten entführen und danach vor laufender Kamera enthaupten. Ein Horror-Szenario, das den Anleitungen des Islamischen Staats (IS) im Internet gehorcht. Und mit einem Datum: Djibrill A. wollte am liebsten am 7. Januar 2016 zuschlagen, genau ein Jahr nach dem blutigen Attentat auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo.

Daraus wird nichts. Denn Djibrill A. ist, zusammen mit zwei Kumpanen, nun dem französischen Inlandsgeheimdienst DGSI ins Netz gegangen. Die Staatsschützer hatten Telefon und E-Mails eines anderen Tatverdächtigen überwacht, der den Behörden im Herbst 2014 aufgefallen war: Der Junge, heute gerade 17 Jahre alt, surfte schon damals am PC auf dschihadistischen Websites und ließ Kontaktpersonen in Syrien wissen, er wolle in den Krieg ziehen. Der dritte Mann im mutmaßlichen Terrornetzwerk ist 19 Jahre jung. Alle drei legten Geständnisse ab. Ein vierter Festgenommener, ein 16-jähriger Schüler, war offenbar nicht eingeweiht. Er wurde auf freien Fuß gesetzt.

Die Festnahme gelang, bevor die Verdächtigen Waffen hatten

Für Frankreichs Sicherheitsbehörden ist die Vereitelung des Anschlags von Fort Béar - einerseits - ein spektakulärer Erfolg. Die Festnahmen gelangen, noch ehe die Verdächtigen sich Waffen oder Sprengstoff beschaffen konnten. Offenbar nutzten die Ermittler dazu Methoden elektronischer Überwachung, wie sie erst Ende Juni von einem neuen, von Datenschützern heftig kritisierten Gesetz legalisiert worden waren. Innenminister Bernard Cazeneuve lobte denn auch "die minutiöse Arbeit" der Geheimdienste.

Andererseits wissen die Sicherheitsbehörden nun endgültig, dass der innere Feind auch in den eigenen Reihen stehen kann: Die Radikalisierung des Matrosen Djibrill A. war seinen Vorgesetzen offenbar nicht aufgefallen. Aus dem Militärdienst entlassen wurde der Muslim "wegen gesundheitlicher Probleme". Unklar scheint noch zu sein, aus welchem Grund er Fort Béar als Ziel wählte. "Vielleicht wollte er sich einfach am Vorgesetzten seines früheren Kommandos rächen", zitierte die Agentur AFP einen Ermittler. Ein anderes Motiv der französischen Islamisten könnte sein, dass sich nahe von Fort Béar ein Trainingscamp befindet, in dem die Armee ihre Spezialtruppen für Auslandseinsätze etwa im Maghreb und in der Sahelzone drillt.

Innenminister Cazeneuve warnte, die Bedrohung durch Gotteskrieger aus der Heimat nehme zu. 1850 meist junge Männer sieht er mittlerweile in Netzwerken des Dschihad verstrickt, 500 von ihnen sind im Irak oder in Syrien. Mindestens 2500 Verdächtige werden täglich überwacht. Die Angst wächst, auch weil andere Vorfälle noch ungeklärt sind: Am Dienstag setzten Unbekannte zwei riesige Öltanks nahe Marseille in Brand. Und Anfang Juli wurden aus einem südfranzösischen Militärlager Plastiksprengstoff und Zünder gestohlen. Hinweise, dass Djibrill A. und seine Glaubensbrüder damit etwas zu tun hatten, gibt es nicht.

© SZ vom 17.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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