Frankreich:Auf Befehl des Muftis

Macron reagiert wie ein Konsul. Das ist nicht unüblich in Frankreich, aber dennoch irritiert der Mann.

Von Christian Wernicke

Bei Deutschen weckt das Wort Erinnerungen an schlimmste, weil braune Zeiten: Mit einer Art Ermächtigungsgesetz will Präsident Emmanuel Macron die Liberalisierung von Frankreichs Arbeitsrecht durchsetzen. Die Reform, das bezeugen EU wie OECD und IWF, würde der Nation bescheren, was sie braucht: mehr Jobs. Aber heiligt dieser Zweck das autoritäre Mittel?

Der Bundestag jedenfalls würde sich so etwas nicht bieten lassen. Man stelle sich vor: Die Kanzlerin ließe das Parlament vage wissen, sie wolle irgendwie Kündigungen erleichtern, Löhne flexibilisieren und Abfindungen deckeln. Das Parlament erteilte ihr hörig Generalvollmacht. Dann verhandeln Staatssekretäre die Details - und im September würde Angela Merkel dann ein dickes Gesetz vorlegen, an dem die Abgeordneten kein Komma ändern dürften. Das Hohe Haus stünde vor nur einer Frage: Schluckt es alles - oder akzeptiert es nichts?

Berlin würde toben. Nur, Paris tickt anders. Dort ist Regieren per Ordonanz so rechtens wie üblich. Zudem hat Macron vor der Wahl angekündigt, was er tut. Er hat - anders als Vorgänger Hollande - ein Mandat für den Kurs. Nein, es ist nicht das einzelne Gesetz, das Zweifel nährt. Es ist generell der Stil: Macron hatte eine révolution versprochen. Nach nur sechs Wochen raunt es, er sei übermächtig wie einst Bonaparte. Der Vergleich mit Napoléon hinkt. Eine Warnung ist er dennoch.

© SZ vom 29.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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