Frankreich:Attacke aufs "Ancien Régime"

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Der republikanische Präsidentschaftsbewerber Fillon versucht, seinen Konkurrenten Macron als "Erben Hollandes" zu diskreditieren.

Von Christian Wernicke, Paris

Umstrittene Strategie: Präsidentschaftskandidat François Fillon. (Foto: Jean-Francois Monier/AFP)

Der französische Wahlkampf wird giftiger. Drei Wochen vor der ersten Runde der französischen Präsidentschaftswahl versucht François Fillon, der von Finanzskandalen belastete Kandidat der Republikaner, einen Neustart seines Wahlkampfs - mit einem neuen Ziel: Ins Zentrum der Angriffe des 63 Jahre alten Konservativen ist sein sozialliberaler Konkurrent gerückt, der parteilose Emmanuel Macron. Bei Kundgebungen attackiert Fillon den 39 Jahre alten Ex-Wirtschaftsminister als "Nachfahre" des unpopulären Amtsinhabers François Hollande. Macron sei "ein Kandidat der Täuschung", der "das Ancien Régime des Sozialisten" unverändert fortführen wolle: "Reißt ihm die Maske ab, egal ob es Emmanuel Hollande oder François Macron ist!". Fillon muss laut Umfragen fürchten, am 23. April als Drittplatzierter mit unter 20 Prozent der Stimmen auszuscheiden. Aktuelle Trends verheißen Macron und der rechtsextremen Marine Le Pen mit je etwa 25 Prozent den Einzug in die Stichwahl am 7. Mai.

Ebenfalls am Wochenende begannen die Republikaner einen Werbefeldzug im Internet. Unter dem Hashtag "MacronHeritier" (Macron, der Erbe) zeigen sie ein Foto von Hollande und Macron, daneben steht ein Zitat des Präsidenten aus dem Juni 2015: "Emmanuel Macron, c'est moi" (Macron, das bin ich). Tatsächlich hatte Hollande den früheren Elite-Studenten und Banker zunächst als Wirtschaftsberater im Élysée, später als Minister für Wirtschaft in die Politik geholt. Beide Männer entfremdeten sich jedoch, im Sommer 2016 trat Macron aus Verärgerung über Hollandes zögerlichen Kurs zurück. Viele Sozialisten schimpfen ihn seither einen "Verräter" und "Vatermörder". Fillon verweist darauf, vorige Woche habe sich der sozialistische Ex-Premier Manuel Valls für Macron und nicht für den offiziellen PS-Kandidaten Benoît Hamon ausgesprochen. Macrons Bewegung "En Marche" warf Fillon vor, eine "Schmutzkampagne" zu initiieren.

Zugleich verzichtet Fillon weitgehend auf Angriffe gegen den Front National. Als der Ex-Premier etwa am vorigen Freitag sein verteidigungspolitisches Konzept vorlegte und eine "europäische Allianz" neben der Nato forderte, erwähnte er die EU-Gegnerin Le Pen mit keinem Wort. Hingegen attackierte er mehrmals seinen jungen Konkurrenten Macron als "unerfahren", der mit "unrealistischen Vorschlägen" wie der Idee einer einmonatigen Wehrpflicht die Armee schwäche. Zur Rechtfertigung seiner Taktik erklärte Fillon, Le Pen habe "keine Chance an die Macht zu kommen".

Tatsächlich sehen fast sämtliche Wahlprognosen Marine Le Pen im zweiten Wahlgang. Aber ebenso gilt als wahrscheinlich, dass ihr jeweiliger Gegner - wohl Macron oder Fillon - dann mit Hilfe vieler Franzosen die Stichwahl gewänne, die gegen den Front National votieren. Vereinzelt warnen jedoch Wahlforscher, der bisherige, von Skandalen und Affären überschattete Wahlkampf schrecke viele Landsleute ab. Angesichts von Fillons Kampagne, Macron als Erben von Hollande zu brandmarken, könne "ein wichtiger Teil seiner Wählerschaft versucht sein, sich im zweiten Wahlgang zu enthalten oder für Marine Le Pen zu stimmen", warnte Brice Teinturier, der Direktor des Forschungsinstituts Ipsos im Interview mit Le Monde.

Hinter den Kulissen sollen mehrere Republikaner Bedenken gegen Fillons Strategie angemeldet haben. Die moderate Parteifreundin Nathalie Kosciusko-Morizet erklärte, der Kampf um eigene Wähler, die dem Front National zuneigten, "müsse bereits vor dem ersten Wahlgang geführt werden". Ein anderer Republikaner warnte, man könne nicht "jetzt den Erben Hollandes verteufeln - und im Falle der Niederlage dann zur Wahl Macrons aufrufen". Fillons Berater geben sich überzeugt, den Kampf um Platz zwei im ersten Wahlgang noch gegen Macron gewinnen zu können. Sie glauben, dass die Umfragen ihren Kandidaten unterschätzen, da viele Anhänger sich nicht offen zu Fillon bekennen mögen.

© SZ vom 03.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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