Frankfurt:Frei baden

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Die Stadt will ihre Bäder für bis zu 14-Jährige kostenlos öffnen. Das könnte gefährlich werden - denn wer passt auf?

Von Susanne Höll

Bald darf sich Frankfurt einen Avantgardisten unter den deutschen Kommunen nennen. Von 1. Februar an kommen Kinder und Jugendliche bis 14 Jahren kostenlos in die 13 städtischen Frei- und Hallenbäder. Während anderswo aus Geldmangel Bassins geschlossen werden, leistet sich die hessische Metropole trotz Schulden und Sparkurs diesen Schritt, auf den die Römer-Koalition aus CDU, SPD und Grünen sehr stolz ist. Kommende Woche stimmt der Magistrat über das von der SPD und Sportvereinen initiierte, mindestens 1,8 Millionen Euro teure Projekt ab. Profitieren sollen vor allem kinderreiche und ärmere Familien.

Dann fragen sich Eltern im Rest der Republik, warum ihr Nachwuchs nicht ebenfalls in den Genuss freien Bädereintritts kommt. Zwar gibt es überall verbilligte Tarife für Kinder, aber nur wer kleiner ist als einen Meter kommt in der Regel kostenlos an die Pools. Frankfurt aber versteht sich als Heimstatt egalitärer Bürger, in der Wohlhabende und wenig Betuchte gleichermaßen Zugang zu kulturellen Errungenschaften haben sollen. Dass die Bäder inklusive der Schwimmkunst ein kulturelles Gut sind, lässt sich nicht bestreiten. Alles bestens also? Nun ja. Gut möglich, dass sich die Stadt mit dem löblichen Schritt Probleme einhandelt.

Denn neben der sozialen Förderung soll das Projekt dazu dienen, dass mehr Kinder schwimmen lernen. Deutschland, so warnen Experten immer wieder, drohe zum Nichtschwimmerland zu werden. Nur etwa die Hälfte aller Kinder in den vierten Schulklassen kann sich laut einer Studie sicher über Wasser halten.

Was geschieht, wenn junge Menschen, gelockt vom freien Eintritt, in die Frankfurter Bäder strömen? Die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) macht sich daher durchaus Sorgen um die Folgen der Frankfurter Entscheidung. Der freie Eintritt sei eine gute Sache, sagt eine Sprecherin des Bundesverbandes. "Aber es könnte problematisch werden ohne qualifizierten Schwimmunterricht." Wer Kinder in die Bäder bringen will, muss auch dafür sorgen, dass sie dort nicht in Not, gar in Lebensgefahr geraten. Frankfurts Schulen sollen den Kindern natürlich das Schwimmen beibringen, aber auch Vereine oder die Bäder. Doch die Plätze für Schwimmkurse sind rar, die Nachfrage deutlich höher als das Angebot.

Was also tun? Für zusätzliche Kurse ist bisher kein Geld im Stadtetat eingeplant. Frankfurts Sportdezernent Markus Frank (CDU) sieht besonders Eltern in der Pflicht. "Wir wagen einen großen Schritt. Die öffentliche Hand kann aber nicht alles übernehmen", sagt er. Noch sind die Verhandlungen über den Stadtetat nicht abgeschlossen, wahrscheinlich wird es weitere Forderungen zur Schwimmförderung geben.

Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) findet seinerseits, dass die Stadt, ebenso wie Vereine und Eltern beim Thema Schwimmenlernen gefordert sind. Die Sicherheit der Kinder habe Priorität. Falls in diesem Jahr die Besucherzahlen in den Bädern deutlich steige, müsse man beim Aufsichtspersonal aufstocken: "Es kann durchaus sein, dass Schwimmmeister in Frankfurt künftig eine ganz sichere Zukunft haben."

© SZ vom 26.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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