Forsa-Umfrage:Wowereit verliert Gunst der Berliner

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Nein, Fehler habe er nicht gemacht. Und auch als Sündenbock für die Pannen beim Flughafenbau will Klaus Wowereit nicht herhalten. Aber das Debakel nagt an seinem Image. Er muss um mehr fürchten als nur den Aufsichtsratsposten der Flughafengesellschaft.

Constanze von Bullion, Berlin

Die Berliner sind sauer auf ihren Regierenden Bürgermeister. In einer Forsa-Umfrage ist Klaus Wowereit (SPD) regelrecht eingebrochen - und in der Rangordnung wichtiger Berliner Politiker auf Platz neun verwiesen worden.

Der Ruf des Regierenden Berliner Bürgermeisters hat unter dem Flughafenbau gelitten. (Foto: dpa)

Wowereit hatte im Frühjahr noch die Hitliste bedeutender Landespolitiker angeführt. Im Mai, nach Bekanntwerden des Flughafendebakels, fiel er in einer Umfrage auf Platz drei zurück, nach der jüngsten Befragung rangiert er jetzt sogar noch hinter Politikern in der Experimentierphase der Realpolitik.

Zu ihnen gehört Berlins neuer SPD-Fraktionschef Raed Saleh, aber auch die parteilose Wirtschaftssenatorin Sybille von Obernitz. Auf Platz drei wichtiger Landespolitiker steht laut Forsa Arbeitssenatorin Dilek Kolat (SPD), die sich seit Mai verbessern konnte. Platz zwei besetzt Finanzsenator Ulrich Nußbaum. Auf Platz eins trotz rundum konturlosen Regierens kam - noch besser bewertet als im Mai - Berlins Innensenator Frank Henkel (CDU).

Wenn so viele unscheinbare Politiker dem Regierenden vorgezogen werden, dann handelt es sich zweifellos um den Versuch, Klaus Wowereit abzustrafen. In Berlin sind viele Menschen enttäuscht über die Pannenserie auf der Flughafenbaustelle. Dass Wowereit auch den neuen Eröffnungstermin im März 2013 nicht garantieren kann, bis umfangreiche Bauunterlagen geprüft sind, dürfte seinen jüngsten Absturz beschleunigt haben.

Der Druck auf Wowereit ist groß

Wowereit weiß, dass es jetzt um mehr als seinen Posten als Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft geht. Sollte die Eröffnung erneut verschoben werden, worüber der Aufsichtsrat im August befinden will, wäre das kaum noch vermittelbar.

Was ein solches Szenario für Wowereit persönlich bedeuten würde, beantwortet der Regierende eher ungern. "Es geht hier um das größte Infrastrukturprojekt in Ostdeutschland. Da ist es völlig egal, wie es mir geht", sagte Wowereit der Berliner Zeitung. Auf die Frage, wie er in einem solchen Fall auf Rücktrittsforderungen reagieren würde, antwortete er: "Ich kann Ihnen versichern, dass der Druck jetzt schon stark ist."

Eigene Fehler könne Wowereit jedoch nicht erkennen, er wolle auch nicht als Südenbock herhalten. "Es wird versucht, dem Aufsichtsrat die Funktion der Geschäftsführung zuzuschreiben. Das kann nicht sein", sagte Wowereit. Ein Aufsichtsrat führe nicht die operativen Geschäfte, sondern habe diese zu kontrollieren. Dies sei geschehen: "Und Sie können sicher sein, dass unter meiner Führung kein Wohlfühlklima herrschte, es gab harte Auseinandersetzungen."

Auseinandersetzungen drohen jetzt aber auch mit dem Wahlvolk. Nach der jüngsten Forsa-Umfrage sank die Beliebtheit der Hauptstadt-SPD zum dritten Mal in Folge um ein Prozent. Würde jetzt ein neues Abgeordnetenhaus gewählt, käme die SPD auf 26 Prozent, bei der Berlin-Wahl waren es 28 Prozent. Die CDU, die sich verbessert hat, läge mit 24 Prozent knapp hinter der SPD. Viel trauen die Wähler aber auch der CDU nicht zu. Nur 14 Prozent glauben, dass die Hauptstadtunion Berlins Probleme am ehesten in den Griff kriegt. Der SPD trauen das 23 Prozent zu, zwei Prozent weniger als im Mai.

Die Flughafenmisere, so scheint es, kennt zahlreiche Verlierer, auch die Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus gehört zu ihnen. 52 Prozent der von Forsa Befragten attestieren weder den Grünen noch der Linkspartei noch den Piraten politische Kompetenz. Die grüne Fraktionschefin Ramona Pop immerhin konnte ihr Ansehen verbessern. Das gilt auch für Linken-Fraktionschef Udo Wolf, der jedoch nur auf den 13. Platz der Wichtigkeitsliste kommt. Er steht da gleich hinter CDU-Fraktionschef Florian Graf, der seinen Doktortitel wegen Abschreibens eingebüßt und die rot-schwarze Landesregierung kürzlich für "unumstößlich" erklärt hat.

Eine so solide Selbstüberschätzung kennen die Berliner sonst vor allem von den Piraten, die ebenfalls Bekanntschaft mit der Wirklichkeit machten. Nach dem ersten Dreivierteljahr im Landesparlament, das die Piraten weitgehend frei von Originalität und eigenen Initiativen gehalten haben, büßen sie laut Umfrage drei Prozent ein und liegen mit zwölf Prozent wieder klar hinter den Grünen (18 Prozent). Piraten-Fraktionschef Andreas Baum, der sich auch von Parteifreunden anhören musste, die Performance sei ernüchternd gewesen, rutschte auf der Bedeutungsskala auf den letzten Platz.

© SZ vom 03.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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