Flüchtlinge:Städte wollen mehr Geld

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Die Kommunen rechnen jetzt für 2016 mit Kosten von bis zu 16 Milliarden Euro für Flüchtlinge. Die bisherigen Hilfszusagen des Bundes reichen dafür nicht aus.

Von Jan Bielicki, München

Wegen des fortdauernden Andrangs von Flüchtlingen sehen die deutschen Städte Ausgaben in Milliardenhöhe auf sich zukommen. Laut Berechnungen des Deutschen Städtetags könnten Unterbringung, Versorgung und Integration der Flüchtlinge im nächsten Jahr bis zu 16 Milliarden Euro kosten. Trotz der Hilfszusagen der Bundesregierung müssten Länder und Gemeinden davon bis zu 5,5 Milliarden Euro tragen.

Nachdem der Bund sich vor einem Monat bereit erklärt hatte, den Ländern für jeden Asylbewerber im Monat 670 Euro zu zahlen, wollen die Städte nun "darauf pochen", dass die Landesregierungen das Bundesgeld an die Kommunen weiterreichen und auch Landesmittel "aufstocken, wo noch zu wenig gezahlt wird", sagte die Präsidentin des Städtetags, Eva Lohse (CDU). Weitere Unterstützung forderte Lohse, die auch Oberbürgermeisterin von Ludwigshafen ist, für den Wohnungsbau sowie für die Integration der Migranten. Diese könne gelingen, "aber sie braucht Zeit und kostet auch Geld", sagte sie. Der Präsident des Deutschen Landkreistags, der ostholsteinische Landrat Reinhard Sager (CDU), beklagte, dass nur Bayern, Mecklenburg-Vorpommern und Baden-Württemberg den Kreisen alle Kosten ersetzten. "Die anderen Länder müssen da schleunigst nachziehen", forderte er. Vertreter der Kommunalverbände wollen am kommenden Dienstag mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) über weitere Hilfe aus Berlin reden.

Zugleich warnen die Städte davor, die Flüchtlingskrise allein unter Kostenaspekten zu betrachten. "Humanität ist nicht zum Nulltarif zu haben", heißt es im Gemeindefinanzbericht 2015, den der Städtetag am Donnerstag veröffentlichte. Die zusätzlichen Belastungen seien für den öffentlichen Gesamthaushalt "fiskalisch verkraftbar". Allerdings drohten "einzelne aktuelle Haushalte", insbesondere auf kommunaler Ebene, "in die Knie zu gehen".

Finanzexperten des Städtetages haben zwei Szenarien durchgerechnet. Je nachdem, ob sich im Verlauf des nächsten Jahres im Schnitt etwa 500 000 oder 1,2 Millionen Bewerber im Asylverfahren befinden und somit zu versorgen sind, kämen demnach - bei angenommenen Kosten von 1000 Euro pro Flüchtling und Monat - zwischen sechs und 15 Milliarden Euro an Ausgaben zusammen. Ferner sei eine Milliarde Euro für die Integration der Flüchtlinge aufzuwenden. In beiden Szenarien müsste das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) aber monatlich mehr als doppelt so viele Asylverfahren wie bisher zum Abschluss bringen. Im Amt stauen sich etwa 300 000 Fälle, im September wurde nur über 23 000 Anträge entschieden.

Der neue Bamf-Chef Frank-Jürgen Weise räumte organisatorische Probleme ein. Angesichts der hohen Flüchtlingszahlen seien "die notwendigen Ressourcen nicht rechtzeitig erkannt und bereitgestellt worden", sagte Weise am Donnerstag in Nürnberg. Das Amt sei dabei, "den Asylprozess komplett zu ändern". Ein Schritt dahin soll die Einführung einer Flüchtlingskarte für Asylbewerber sein. Mit ihr soll der Datenaustausch zwischen den Behörden in Bund, Ländern und Kommunen verbessert werden.

© SZ vom 30.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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