Unterbringung:Containerdörfer für Geflüchtete: Kosten bei 19 Mio. Euro

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Wegen der Ankunft Tausender Flüchtlinge muss das Land Brandenburg neue Unterkünfte schaffen. Weil die Zeit drängt, setzt Innenminister Stübgen auf Containerdörfer. Nun ist eine Einigung in der rot-schwarz-grünen Koalition erforderlich.

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Potsdam (dpa/bb) - Zur Unterbringung der zahlreichen Flüchtlinge will Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) die Hauptstandorte der Erstaufnahme mit Containerdörfern erweitern. An den Standorten in Eisenhüttenstadt (Oder-Spree), Frankfurt (Oder) und Wünsdorf (Teltow-Fläming) sollen nach Stübgens Konzept so jeweils 500 und damit zunächst 1500 weitere Plätze geschaffen werden, wie das Innenministerium am Freitag berichtete. Dieser Ausbau wäre den Angaben zufolge in drei bis fünf Monaten realisierbar.

Dafür hat das Innenministerium beim Finanzministerium für dieses Jahr überplanmäßige Mittel in Höhe von gut 19 Millionen Euro beantragt. „Wir werden den Antrag kurzfristig und wohlwollend prüfen“, sagte der Sprecher des Finanzministeriums, Ingo Decker. „Der Bedarf ist dem Grunde nach nicht von der Hand zu weisen und das Brandenburg-Paket steht für diese Zwecke grundsätzlich zur Verfügung.“ Allerdings müsse auch noch der Finanzausschuss des Landtags zustimmen. Mit dem zwei Milliarden Euro starken Brandenburg-Paket will die Landesregierung die Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine abmildern.

Der schnelle Ausbau der Unterkünfte sei nur an den Hauptstandorten der Erstaufnahme und im Wesentlichen mit Containern möglich, erklärte Stübgen. „Und eine schnelle Erweiterung ist der einzig gangbare Weg, um die Kommunen bei der Flüchtlingsunterbringung zügig zu entlasten“, betonte der Minister. Nun hoffe er auf eine schnelle Einigung innerhalb der Landesregierung. „Dann können wir im Juli damit anfangen, vor allem abgelehnte Asylbewerber nicht mehr in die Kommunen zu verteilen“, kündigte der Minister an. Es wird erwartet, dass das Kabinett bereits am Dienstag darüber berät. Die Koalitionsfraktionen von SPD und Grünen im Landtag hatten davor gewarnt, dass es eine zu große Konzentration an Geflüchteten in Ostbrandenburg geben könnte.

Mit dem Ausbau sollen in den Erstaufnahmen auch 17 weitere Stellen geschaffen werden, unter anderem für Sozialarbeiter, Arbeitsvermittler und Psychologen. Denn die Flüchtlinge sollen künftig mindestens bis zu 18 Monate in der Erstaufnahme bleiben und nicht auf die Kommunen verteilt werden.

„Ein verlängerter Aufenthalt in der Erstaufnahme darf nicht nur auf Kosten der Betroffenen gehen“, betonte Stübgen. „Deshalb werden wir den Geflüchteten verstärkt Sprachkurse und Qualifizierungsmöglichkeiten anbieten, um ihnen durch den verlängerten Aufenthalt auch Chancen auf eine künftige Beschäftigung zu eröffnen, wenn sie bereit sind, sich zu engagieren und zu integrieren.“

In einem zweiten Schritt sollen Ende des Jahres weitere 1500 Plätze geschaffen werden. Dafür werde noch ein geeigneter Standort gesucht, erklärte das Ministerium. Bis dahin könne man auch noch die weitere Entwicklung bei der Ankunft von Flüchtlingen beobachten. Zusammen mit den derzeitigen Reserven reiche die Erweiterung um zunächst 1500 Plätze bis zum Jahresende aus.

Unterdessen sucht das Sozialministerium nach einem Landkreis oder einer kreisfreien Stadt für eine kommunale Übergangseinrichtung für Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive. In dem Modellprojekt sollen Flüchtlinge, die aus bestimmten Gründen derzeit nicht abgeschoben werden können, in Ausbildung oder Beschäftigung gebracht werden. Den Geflüchteten ohne gesichertes Bleiberecht soll damit die Aussicht auf einen späteren Aufenthaltstitel oder eine Perspektive für die Rückkehr in die Heimat eröffnet werden.

Dazu sei man seit Wochen in intensiven Gesprächen mit den Kommunen, sagte Ministeriumssprecher Gabriel Hesse auf Anfrage. Ein interessierter Landkreis oder eine kreisfreie Stadt konnte aber bislang nicht präsentiert werden. Dennoch werde man der Staatskanzlei einen bis Freitag angeforderten Sachstandsbericht übermitteln, sagte der Sprecher. „Wenn es gelingt, die Menschen in Arbeit und Ausbildung zu bringen, wird die Möglichkeit für ein selbstständiges Leben außerhalb von kommunalen Gemeinschaftsunterkünften eröffnet“, erklärte Hesse. „So werden Kommunen und Sozialsystem gleichermaßen entlastet.“

Die Linke-Landtagsabgeordnete Andrea Johlige warf der Landesregierung „Planlosigkeit“ vor und forderte eine Stabsstelle in der Staatskanzlei für die Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge. Sie verwies darauf, dass Stübgen die Erstaufnahme-Einrichtung in Doberlug-Kirchhain (Elbe-Elster) mit knapp 1100 Plätzen zum 30. Juni schließen wolle. „Statt in einer gut ausgebauten Einrichtung werden Geflüchtete in hastig errichteten Containerunterkünften untergebracht“, kritisierte Johlige.

In diesem Jahr werden 26.000 Geflüchtete erwartet - etwa so viele wie im Jahr der sogenannten Flüchtlingskrise. Die Kommunen haben bereits mehrfach signalisiert, dass ihre Aufnahmekapazität erschöpft sei.

© dpa-infocom, dpa:230414-99-311892/4

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