Flüchtlinge in Deutschland:Zahlen will keiner

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Die Sachspenden sprudeln, die Bundesmittel noch nicht. (Foto: Stephan Rumpf)
  • Die Zahl der Flüchtlinge in Deutschland wächst. Zu klären ist die Frage, wer für die Kosten aufkommt.
  • Die Kommunen beklagen, dass um die Kosten zu tragen, wichtige Leistungen - etwa in Sport und Bildung - gekürzt werden müssen.
  • Das Finanzierungsmodell soll nun bis zum Sommer geändert werden.

Von Roland Preuß

Wer zahlt für die Aufnahme der vielen Flüchtlinge? Die Frage taugt dazu, Wut zu entfachen. Das lässt sich zum Beispiel an Duisburg zeigen. 2000 Flüchtlinge muss die klamme Stadt derzeit unterbringen - und kann es sich eigentlich nicht leisten: "Wir müssen einer Bücherei 50 000 Euro kürzen und andererseits zwölf Millionen für Flüchtlingsunterbringung ausgeben", sagt Oberbürgermeister Sören Link (SPD), "das geht nicht lange gut." Er will Geld von Bund und Land: "Das ist keine Bitte, sondern eine Forderung."

Das sieht auch Thomas Oppermann so, der SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag. "Wichtige kommunale Dienstleistungen in Bildung, Sport und Kultur dürfen nicht mit der Begründung gestrichen werden müssen, dass die Mittel für die Aufnahme von Flüchtlingen gebraucht werden", sagte er am Dienstag. Er kündigte an, man werde die Kostenverteilung "noch bis zu diesem Sommer" neu regeln.

Bundesländer mit unterschiedlichen Kostenregelungen

Eigentlich hatten Union und SPD im Herbst bereits eine Regelung gefunden: Der Bund überweist den Ländern 2015 und 2016 je 500 Millionen Euro. Doch die Zahl der Flüchtlinge wächst weiter rasch an - und damit die Kosten. Nun stellt sich erneut die Frage der Lastenteilung, denn die Gesetze nehmen bisher vor allem Länder und Kommunen in die Pflicht. Der Bund ist für die Asylverfahren zuständig, er prüft und entscheidet, ob jemand schutzbedürftig ist. Das zuständige Bundesamt in Nürnberg hat Hunderte neue Mitarbeiter eingestellt, um die Verfahren zu beschleunigen. Doch die größten Kosten entstehen anderswo, bei der Unterbringung und Versorgung der Flüchtlinge.

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Für diese sind grundsätzlich die Länder zuständig. Sie sind verpflichtet, Erstaufnahmeeinrichtungen zu unterhalten, in denen die Asylbewerber in den ersten sechs bis zwölf Wochen wohnen. Wie es weitergeht, hängt vom Bundesland ab: Bayern und die Stadtstaaten Hamburg, Bremen und Berlin organisieren auch im Anschluss Unterbringung und Versorgung. Andere Länder reichen die Aufgabe an Kreise und Kommunen weiter, an denen dann mehr oder weniger die Kosten hängen bleiben. So erstattet das Saarland den Kommunen 70 Prozent der Kosten, Nordrhein-Westfalen zahlt Pauschalen, die viele Kommunen im Land als unzureichend kritisieren. Andere Länder wie Hessen haben Mischsysteme, in denen Mehrkosten etwa für gesundheitliche Betreuung erstattet werden. Die 500 Millionen aus Berlin helfen da nur bedingt. NRW enthält davon 108 Millionen Euro, will aber laut Städtetag nur die Hälfte davon an die Kommunen weiterreichen.

© SZ vom 15.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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