Flüchtlinge:Eine Geste

Warum die Bundesregierung dem Vorschlag Habecks folgen sollte.

Von Andrea Bachstein

Recht hat Grünen-Chef Robert Habeck mit seinem Appell, den auf griechischen Inseln unter erbärmlichen Umständen ausharrenden Flüchtlingen zu helfen. Recht haben natürlich auch jene, die ihm entgegenhalten, dass sich das Migrationsproblem nicht lösen lässt, indem man 4400 unbegleitete Kinder und Jugendliche nach Deutschland holt. Und dennoch: Die Bundesregierung sollte handeln.

Es ist schändlich, dass die Europäische Union an der Schwelle zum fünften Jahr nach der großen Flüchtlingskrise immer noch nicht weiter ist bei der Schaffung eines funktionierenden Aufnahme- und Verteilmechanismus. Einige Länder blockieren eine Einigung in asylpolitischen Fragen eiskalt. Ein Verweis auf die schwierige politische Lage der EU hilft denen aber nicht, die in Kälte und Nässe in vielfach überbelegten Camps festsitzen. An allem fehlt es da, und bereits traumatisierte Minderjährige machen neue furchtbare Erfahrungen.

Vermutlich wäre Deutschland sowieso nicht für alle 4400 das richtige Ziel, weil sie anderswo Verwandte haben. Aber es gehörte sich, wenigstens für ein paar Hundert die Grenze zu öffnen. Die Sorge in Berlin ist gewiss berechtigt, dass so ein Alleingang EU-Partner verärgern könnte; einige dürfte das in ihrer Verweigerungshaltung bestätigen. Aber den Mut, andere mit einer humanen Geste zu beschämen, sollte die Bundesregierung ruhig aufbringen. Einer muss ja zeigen, dass die Machtspielchen der Populisten in der EU kein Hindernis für Menschlichkeit sein können.

© SZ vom 24.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: