Asyl:Alle müssen mithelfen

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Die Bundesregierung rechnet mit 800 000 Flüchtlingen im Jahr 2015. Das bedeutet viel Arbeit, bei der Registrierung und bei der Integration. Die Aufgaben der Regierungsmaschinerie ändern sich, der Apparat richtet sich neu aus.

Von Nico Fried, Berlin

Der Satz der Kanzlerin fand sich am Donnerstag in den meisten Medien: "Deutschland hilft, wo Hilfe geboten ist", hatte Angela Merkel bei ihrem Besuch im Notaufnahmelager Heidenau in Sachsen gesagt. Der Satz, den die Kanzlerin hinzufügte, wurde kaum zitiert: "Das muss natürlich jetzt auch in der Praxis umgesetzt werden." Was so selbstverständlich klingt, ist das eigentliche Problem. Derzeit rechnet die Bundesregierung mit bis zu 800 000 Flüchtlingen, die im Jahr 2015 nach Deutschland kommen. Um dieser Zahl gerecht zu werden, verschieben sich die Aufgaben der Regierungsmaschinerie. Der Apparat richtet sich neu aus.

Den entscheidenden Anteil hat das Bundesinnenministerium (BMI) abzuarbeiten. Minister Thomas de Maizière muss zusätzliches Personal bereitstellen, insbesondere für das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf). Bei einem Besuch in Nürnberg sagte er der Behörde am Donnerstag Unterstützung zu. Das Amt müsse "so schnell wie es irgend geht" 600 bis 700 Mitarbeiter zusätzlich bekommen, so de Maizière. Weil das Innenministerium weder über das Personal, noch über die entsprechenden Stellen verfügt, sollen für eine Übergangszeit Freiwillige und Pensionäre rekrutiert werden, vor allem aber Beamte aus anderen Ministerien.

Derzeit stauen sich mehr als 200 000 Asylanträge beim Bamf. Deshalb werden vier Entscheidungszentren in Nürnberg, Berlin, Unna und Mannheim eingerichtet. Unter anderem aus dem Zuständigkeitsbereich des Finanzministeriums sollen Zollbeamte zur Verfügung gestellt werden. Das Verteidigungsministerium hat nach Angaben von Ressortchefin Ursula von der Leyen schon jetzt 150 Angehörige der Bundeswehr für die Bearbeitung von Asylanträgen abgestellt. In einem Tagesbefehl an die Truppe schrieb von der Leyen nun, dass bereits eine "erneute Anfrage des Bundesministers des Innern auf personelle Unterstützung" an sie herangetragen worden sei. Gesucht würden Verwaltungsbeamte des gehobenen Dienstes sowie IT-Experten. Von der Leyen appelliert an die Bundeswehr-Angehörigen, sich zu melden, wenn sie die Voraussetzungen mitbrächten. Auf den Rest der Truppe kommt mehr Arbeit zu: "Die dadurch entstehenden Vakanzen", schreibt von der Leyen, "gilt es gemeinschaftlich zu kompensieren".

Weitere Aufgaben sieht de Maizière bei der Integration von Flüchtlingen. 40 Prozent der Verfahren endeten mit einer positiven Entscheidung für den Antragsteller. "Das ist eine hohe Anerkennungsquote". Er plädierte unter anderem für eine erleichterte Anerkennung von Berufsabschlüssen. Damit kommt das Arbeitsministerium ins Spiel. Der parlamentarische Staatssekretär im Finanzministerium, Jens Spahn, fordert bereits, die Bundesagentur für Arbeit zu stärken, um Flüchtlinge schneller in Erwerbstätigkeit zu vermitteln. Geld sei vorhanden: Die Mehreinnahmen des Bundes für 2015 bezifferte Spahn im Handelsblatt auf fünf Milliarden Euro. "Die stark steigende Zahl an Flüchtlingen ist zweifellos die Mega-Aufgabe der nächsten Jahre, dem haben sich alle anderen Ausgabenwünsche unterzuordnen."

© SZ vom 28.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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