Finanzpakt:Jenseits der Absprachen

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Der Bund und die Länder ringen um Geld, Steuern und Kompetenzen, um Autobahnen und Unterhalt. Bei den Verhandlungen mit Kanzlerin Angela Merkel geht es den Ministerpräsidenten um Milliarden.

Von Michael Bauchmüller und Constanze von Bullion, Berlin

Die Neuregelung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern wird überschattet von neuem Kompetenzgerangel. Die Vorstellungen des Bundes für Grundgesetzänderungen gingen weit über das hinaus, was vereinbart sei, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD) am Donnerstag in Berlin. Erst am Morgen habe der Bund neue Vorschläge vorgelegt, die weit jenseits bisheriger Absprachen lägen. "So kann man nicht arbeiten", sagte Sellering nach einem Treffen der Ministerpräsidenten. Auch sein Amtskollege aus Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU), warnte vor überstürzten Änderungen. "Wir müssen aufpassen, dass wir nicht zu einer ganz neuen Staatsarchitektur kommen", sagte er.

Bund und Länder hatten sich im Oktober darauf geeinigt, ihre Finanzbeziehungen neu zu regeln. Der Bund stimmte einem Modell der Länder zu, das ihn von 2020 an zu Ausgleichszahlungen von gut 9,5 Milliarden Euro verpflichtet. Im Gegenzug sollten die Länder Kompetenzen an den Bund abtreten, etwa für den Betrieb von Fernstraßen, Investitionen in Schulen oder in der Steuerverwaltung. Auch verlangte der Bund mehr Kontrolle über die finanzielle Stabilität der Länder. Am Donnerstagabend trafen die Ministerpräsidenten in Berlin mit Kanzlerin Angela Merkel zusammen, um den Finanzpakt zu besiegeln. Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe dauerte das Treffen noch an.

Strittig bis zuletzt blieb der Ausbau des Unterhaltvorschusses. Er steht Kindern Alleinerziehender zu, wenn der zweite Elternteil keinen Kindesunterhalt zahlt. Die Leistung, die es bisher höchstens bis zum zwölften Lebensjahr gibt, soll ab Januar bis zum 18. Lebensjahr gewährt werden. Gegen diesen Kabinettsbeschluss aber stemmten sich Länder und Kommunen. Sie warnten vor Verwaltungschaos und forderten mehr Kostenbeteiligung des Bundes. Er trägt derzeit ein Drittel der Kosten für Unterhaltsvorschuss, die Länder wollten eine hälftige Beteiligung des Bundes durchsetzen. "Beim Unterhaltsvorschuss muss es Einigung geben", sagte Haseloff. "Aber die finanzielle Sache ist das Entscheidende." Denkbar schien vor Ende der Verhandlungen, dass die Reform statt im Januar erst im April kommt. Älteren Kindern Alleinerziehender aber, so forderte die SPD, sollte der reformierte Unterhaltsvorschuss dann rückwirkend zum 1. Januar gezahlt werden.

© SZ vom 09.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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