Finanzen:Schwarze Null für alle

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Bankkunden nehmen immer weniger Dispokredite auf.

Von Thomas Öchsner

Der Dispokredit gehört zu den kleinen Bequemlichkeiten im Umgang mit Geld. Stets flüssig zu bleiben, auch wenn kein Guthaben mehr auf dem Konto ist - das schätzen viele Verbraucher. Die Banken lassen sich dies aber teuer bezahlen. Während es auf Sparkonten kaum noch Zinsen gibt, greifen die Geldhäuser fürs Überziehen des Girokontos kräftig zu. Jahrelang hat dies die Stiftung Warentest heftig kritisiert - offenbar nicht ohne Erfolg: Die Bankkunden sind beim kurzfristigen Schuldenmachen vorsichtiger geworden.

Die Monatsberichte der Bundesbank zeigen: Die Bundesbürger kaufen mit ihrer Karte fürs Girokonto deutlich weniger auf Pump und achten stärker darauf, ein Minus zu vermeiden. Im Juni 2007 türmten sich die Schulden auf allen privaten Lohn-, Gehalts-, Renten- und Pensionskonten noch auf 17,6 Milliarden Euro. Seitdem haben sich die Miesen auf den Girokonten Schritt für Schritt fast halbiert. Im September 2017 beliefen sich die Negativstände auf nur noch 8,9 Milliarden Euro. Doch woran liegt das?

"Mehr und mehr Kunden wissen inzwischen, dass der Dispokredit der teuerste Kredit ist", sagt der Düsseldorfer Finanzexperte Udo Keßler, der seit Jahren Studien zum Girokonto erstellt. Tatsächlich sind die Zinsen fürs Überziehen des Girokontos nach wie vor exorbitant hoch. Derzeit liegt der Dispozins nach Angaben der Internetplattform Biallo.de bei 1405 erfassten Kreditinstituten im Durchschnitt bei 10,26 Prozent.

Der Schwund der roten Zahlen dürfte aber noch einen anderen Grund haben. "Auf Spareinlagen wie dem Tagesgeld gibt es kaum noch Zinsen. Daher lassen viele Bankkunden mehr Geld auf den Girokonten einfach liegen", sagt Experte Keßler. "Die Neigung, Bargeld auch zu Hause zu halten, hat sich wieder verstärkt", bestätigt der Münchner Bankenprofessor Klaus Fleischer. Fraglich ist dagegen, ob die Bundesregierung mit ihren Eingriffen dazu beigetragen hat, dass die Bankkunden beim kurzfristigen Schuldenmachen vorsichtiger geworden sind.

Früher durften Banken Verstecken spielen, wenn sie hohe Dispozinsen verschweigen wollten. Institute "vergaßen" schlichtweg den Preisaushang in der Filiale, obwohl sie dazu gesetzlich verpflichtet sind. Oder sie verbargen die Konditionen im Internet so, dass sie nur mit detektivischem Spürsinn zu finden waren. Inzwischen können die Kunden zumindest die Zinsen besser vergleichen.

Seit März 2016 ist vorgeschrieben, die Disposätze im Internet zu veröffentlichen. Außerdem müssen die Banken ihre Kunden anschreiben, wenn diese länger als ein halbes Jahr das genehmigte Kreditlimit auf dem Girokonto im Durchschnitt zu mindestens 75 Prozent ausgeschöpft haben. Sie sollen ihnen dann andere, günstigere Alternativen wie Ratenkredite zum Umschulden anbieten. Verbraucherschützer werten dies als Fortschritt. Ob diese Beratungspflicht zu einem weiteren Rückgang der roten Zahlen auf den Girokonten geführt hat, lässt sich anhand der Bundesbank-Statistik aber nicht belegen.

Sicher ist für Bankprofessor Fleischer hingegen, dass die Kunden "mehr auf die Kosten schauen und vergleichen. Sie wissen, dass der Dispokredit die teuerste Sünde ist, die sie sich bei ihrer Bank leisten können."

© SZ vom 27.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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