FDP-Parteitag in Frankfurt:Röslers nächster Liefertermin

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Eine "flammende Rede mit Überraschungseffekten" hat der FDP-Chef angekündigt. Philipp Rösler muss beim Sonderparteitag in Frankfurt den Markenkern der Liberalen beschwören und den Delegierten erklären, wie er die Partei aus ihrer schweren Krise führen will. Ob Mindeslohn, Bildungspolitik oder der Mitgliederentscheid zur Euro-Rettung, Streitthemen gibt es genug.

Peter Blechschmidt

FDP-Chef Philipp Rösler sollte gewarnt sein, was die Brisanz vollmundiger Ankündigungen auf Parteitagen betrifft. "Ab heute wird die FDP liefern", hatte Rösler Mitte Mai in Rostock nach seiner Wahl zum Vorsitzenden versprochen. Wie ein Menetekel prägte der Satz das erste Halbjahr seiner Amtszeit an der Parteispitze.

Vorbereitungen für den FDP-Parteitag in Frankfurt: Philipp Rösler, als Parteivorsitzender seit einem halben Jahr im Amt, steht unter außerordentlichem Erfolgsdruck. (Foto: dpa)

Die Beschlüsse der schwarz-gelben Koalition zu Steuerentlastung, Pflege und Zuwanderung vom vergangenen Sonntag wurden denn auch vor allem von der FDP als die verheißene Lieferung bejubelt. Nach der ersten Begeisterung darüber, dass sich die notorisch zerstrittene Koalition überhaupt auf etwas einigen konnte, hat sich mittlerweile Ernüchterung breit gemacht über dieses vermeintlich große Paket mit den doch recht kleinen Inhalten.

An diesem Wochenende steht Rösler in Frankfurt schon der nächste Parteitag bevor, wobei das Attribut "außerordentlich" in mancherlei Hinsicht berechtigt ist. Im Vorfeld geizt Rösler wieder nicht mit mutigen Ausblicken. Vor Mitgliedern der Bundestagsfraktion versprach er eine "flammende Rede mit Überraschungseffekten", mit der er den Markenkern der FDP, die Bewahrung der Sozialen Marktwirtschaft, herausstellen werde. Nun gehe es um "die markante Positionierung der FDP als unverzichtbare Kraft", sagte Rösler der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Außerordentlicher Erfolgsdruck

Der junge Vorsitzende steht in Frankfurt unter außerordentlichem Erfolgsdruck. Die Ablösung Guido Westerwelles und Röslers Wechsel an die Parteispitze haben die FDP bisher nicht aus dem Umfragenkeller herausgeführt, im Gegenteil. Seit Monaten rangieren die Liberalen unterhalb der parlamentarischen Existenzschwelle von fünf Prozent. Spätestens bis zum traditionellen Dreikönigstreffen in Stuttgart muss die Trendwende geschafft werden, wenn nicht auch bei der nächsten Landtagswahl in Schleswig-Holstein Anfang Mai 2012 ein weiteres Desaster drohen soll.

Außerordentlich ist der Frankfurter Konvent auch formal, da er aus dem Turnus der regulären Parteitage herausfällt. Sodann hat sich der thematische Schwerpunkt verschoben. Ursprünglich sollte über ein neues Grundsatzprogramm debattiert werden. Mittlerweile aber wird die Partei vom Mitgliederentscheid zur dauerhaften Euro-Rettung umgetrieben. Die Befragung läuft, das Ergebnis kommt erst Mitte Dezember. Deshalb wird es auf dem Parteitag auch keinen Beschluss zu diesem Thema geben, doch werden sowohl die Gegner als auch die Befürworter des Rettungsmechanismus ESM versuchen, in Frankfurt entscheidende Punkte zu machen.

Einen Beschluss dürfte es hingegen zur Bildungspolitik geben. Das Thema wurde im Mai in Rostock vertagt. Hier sind kontroverse Debatten zu erwarten, die Positionen reichen von der Forderung nach einem zentralen Abitur über eine Lockerung des Verbots von Mischfinanzierungen zwischen Bund und Ländern bis hin zur Wahrung des Status quo.

Offen ist, ob ein förmlicher Beschluss über Mindestlöhne gefasst wird, die auf dem CDU-Parteitag in Leipzig Anfang nächster Woche eine große Rolle spielen werden. Rösler und andere führende Liberale wollen in Frankfurt deutlich machen, dass es einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn mit der FDP nicht geben wird. Diese Formulierung lässt jedoch viel Spielraum für Lösungen unterhalb dieser Schwelle.

© SZ vom 12.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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