FDP-Bundesparteitag:Lindner als FDP-Chef wiedergewählt

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FDP-Vizechefin Nicola Beer macht ein Selfie mit Parteichef Christian Lindner auf dem Parteitag in Berlin. (Foto: Christoph Soeder/dpa)

Der alte und neue Bundesvorsitzende der FDP heißt Christian Lindner. Er wurde mit großer Mehrheit wiedergewählt. Zuvor hatte der Parteichef in seiner Rede gegen Söder und Klimaaktivsten gezielt.

Vor dem Hintergrund mehrerer Niederlagen bei Landtagswahlen wählt die FDP auf dem Bundesparteitag ihre Spitze neu und will den weiteren Kurs in der Ampelkoalition abstecken. Parteichef Christian Lindner forderte am Freitag in seiner Rede in Berlin unter anderem Alternativen für die Wirtschaft zu China. Frühere "Samtpfötigkeit" in Deutschland gegenüber China, "sie war ein Fehler", sagte er. Zudem wandte er sich gegen "Klimakleber". Das Blockieren von Autobahnen sei nichts anderes als "physische Gewalt". Wer die Politik ändern wolle, solle lieber eine Partei gründen und Mehrheiten finden. "Tempolimit und Neun-Euro-Ticket, das sind ganz kleine Ideen - und dafür der große Ärger", sagte Lindner. "Umgekehrt wäre besser."

Die FDP hat ihren Vorsitzenden Christian Lindner für weitere zwei Jahre im Amt bestätigt. Beim Bundesparteitag in Berlin entfielen am Freitag 88 Prozent der Delegiertenstimmen auf den 44-Jährigen. An der Wiederwahl Lindners zum Parteichef bestand kein Zweifel. Vor zwei Jahren war er in seinem Amt mit 93 Prozent der Stimmen bestätigt worden. Offen war allerdings, ob der Bundesfinanzminister angesichts der jüngsten Schlappen der Partei bei Landtagswahlen von den Delegierten einen Denkzettel erhalten würde. Lindner steht seit Dezember 2013 an der Spitze der FDP und führte die Partei nach vier Jahren außerparlamentarischer Opposition 2017 zurück in den Bundestag.

Fünf von fünf Landtagswahlen gingen daneben, seit die Liberalen in der Bundesregierung sind: Im Saarland, in Niedersachsen und bei der Wiederholungswahl in Berlin scheiterte die FDP jeweils an der Fünf-Prozent-Hürde. In Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen schaffte sie trotz schwerer Verluste die Rückkehr ins Landesparlament, flog aber jeweils aus der Regierung. Lindner kündigte als Reaktion auf die schlechten Ergebnisse an, eigene Positionen "herauszuarbeiten und zu stärken" und die liberalen "Positionslichter" anzuschalten.

Lindner könnte bald Westerwelle und Genscher überflügeln

In den Umfragen liegen die Liberalen trotz einer leichten Aufwärtsbewegung mit sieben bis acht Prozent weiter deutlich unter ihrem Bundestagswahlergebnis von 11,5 Prozent. Und die Aussichten für die kommenden drei Wahlen sind mittelprächtig: In Bayern und Bremen könnte die Partei aus dem Landtag und der Bürgerschaft fliegen, in Hessen lag sie zuletzt auch nur bei fünf Prozent.

Mit Blick auf die Landtagswahl in Bayern sagte Lindner, Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hebe sich einzig durch seinen Wankelmut hervor, für dessen "Ideenreichtum" gebe es sogar schon das Verb "södern". "Das ist kein sympathisches 'mia san mia' sondern ein 'I werd narrisch'." Die FDP setze dieser Taktik des "Tarnen, Tricksens und Täuschens" etwas entgegen.

Noch ein Selfie vor dem Willkommensplakat für den FDP-Bundesparteitag (Foto: IMAGO/Achille Abboud/IMAGO/Achille Abboud)

Das Zusammengehen mit SPD und Grünen zu einer Koalition im Bund wird von Teilen der Partei immer noch kritisch gesehen. Lindner hat stets deutlich gemacht, dass es sich dabei nicht um eine Liebeshochzeit, sondern um ein Zweckbündnis handele.

In der FDP rechnet trotzdem niemand von Rang und Gewicht damit, dass Lindner nicht zum sechsten Mal mit klarer Mehrheit gewählt wird. Schafft er es, wird er bald Guido Westerwelle und Hans-Dietrich Genscher überflügeln als am längsten amtierender FDP-Chef.

Probleme mit den Koalitionspartnern in der Ampel gibt es viele

In den vergangenen Monaten lag die FDP wiederholt mit SPD und Grünen quer. So bestand sie darauf, dass Verbrennermotoren weiter zugelassen sein sollen, wenn sie mit E-Fuels betrieben werden. Das Abschalten der letzten drei deutschen Atomkraftwerke erklärte die FDP für falsch. Sie setzte durch, dass nicht nur der Bahnverkehr beschleunigt ausgebaut werden soll, sondern auch 144 Autobahnprojekte, die Stauschwerpunkte und Engstellen sind. Lindner lobte das Vorhaben, denn nichts sei "schlechter für den Klimaschutz", als dass Diesel und Benzin im Stau verbrannt würden.

Und als in dieser Woche das Kabinett das Gesetz zum Umrüsten von Heizungen beschloss, stimmte Lindner zwar zu, brachte aber in einer Protokollerklärung Vorbehalte an. Klimaschutzbewegungen wie "Fridays for Future" und "Letzte Generation" sehen das als völlig rückwärtsgewandte Politik an und begleiteten den Parteitag mit Protesten.

Der Parteitag dauert bis Sonntag und wurde von der Europapolitikerin Nicola Beer eröffnet. Sie kandidiert nicht mehr als Parteivize und soll Deutschland künftig als Vizepräsidentin im Präsidium der Europäischen Investitionsbank (EIB) vertreten. Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger will für einen der drei Stellvertreterposten kandidieren. Die Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann wurde am Donnerstag vom Bundesvorstand der FDP einstimmig als Spitzenkandidatin für die Europawahl im kommenden Jahr nominiert.

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