Familie:Bund und Länder im Unterhaltsstreit

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Um Alleinerziehende besser abzusichern, soll der Staat einspringen, wenn ein Elternteil keinen Kindesunterhalt zahlt. Soweit sind sich alle einig - doch um die Kosten gibt es nun heftiges Gefeilsche.

Von Constanze von Bullion, Berlin

Sie leisten die Erziehungsarbeit fast allein, sind überdurchschnittlich häufig berufstätig, trotzdem sind zwei von drei Alleinerziehenden in Deutschland von staatlichen Leistungen abhängig. Besonders schlecht stehen sie da, wenn der andere Elternteil keinen Kindesunterhalt zahlt und die Kinder älter werden. Der Staat schießt Kindesunterhalt bisher nur bis zum zwölften Lebensjahr des Kindes vor, maximal 72 Monate. Das will die Bundesfamilienministerin ändern. Bund und Länder haben im Oktober vereinbart, dass der Unterhaltvorschuss künftig bis zum 18. Geburtstag eines Kindes gezahlt wird. Strittig zwischen Bund und Ländern ist allerdings noch, wer für die Mehrkosten der Reform aufkommen soll. Nun liegt ein erster Vorschlag auf dem Tisch, den Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) am Donnerstag mit den Chefs der Staatskanzleien der Länder beraten will.

Bisher trägt der Bund beim Unterhaltsvorschuss ein Drittel der Kosten, die Länder übernehmen zwei Drittel. Bliebe es bei dieser Aufteilung, müsste der Bund künftig 260 Millionen Euro mehr für den aufgestockten Unterhaltsvorschuss aufbringen, die Länder 530 Millionen Euro. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung schlägt die Bundesregierung nun vor, die Mehrkosten zur Hälfte zu tragen. Der Bund könnte demnach auf seinen Anteil beim sogenannten Rückgriff verzichten. Gemeint ist das Geld, das Länder und Kommunen Alleinerziehenden per Unterhaltsvorschuss auslegen, sich dann aber zurückholen sollen von säumigen Vätern - meist sind es solche. Dieser Rückgriff allerdings scheitert oft.

Die Regierung will den Ländern 116 Millionen Euro überlassen. Doch das reicht denen nicht

In Bayern, wo auch die Finanzämter säumigen Zahlern auf den Pelz rücken, gelang es 2014 immerhin, 36 Prozent des Unterhaltvorschusses zurückzuholen. In Mecklenburg-Vorpommern waren es nur 16 Prozent. Wo viele Väter mittellos sind, kann der Staat wenig eintreiben. Aber auch ineffektive Kommunalstrukturen sind verantwortlich, dass die Rückholquote gerade in Stadtstaaten miserabel ist.

Die Bundesregierung will den Druck auf säumig Zahler nun verstärken und die Länder motivieren, ausstehenden Unterhalt effektiver einzutreiben. Dazu könnte der Bund auf seinen Anteil bei der Rückholung des Unterhalts verzichten. Das käme den Ländern mit 116 Millionen Euro im Jahr zugute. Zudem, so rechnet die Bundesregierung vor, senkt die geplante Reform die Kosten für Hartz IV. Unterhaltsvorschuss wird von SGB-II-Leistungen abgezogen. Läuft er am zwölften Geburtstag eines Kindes aus, muss der Staat Familien wieder mehr Hartz IV zahlen. Wird der Vorschuss dagegen länger gewährt, sparen Kommunen sich SGB-II-Leistungen. Diese könnten die Länder von den Kommunen zurückholen, so der Vorschlag des Bundes. Damit blieben den Ländern wie dem Bund Mehrkosten von 250 Millionen Euro.

Im Bundesfamilienministerium stößt der Vorschlag auf Zustimmung. "Es macht Sinn, Alleinerziehende aus dem SGB-II-Bezug zu holen, die dort nicht hingehören", sagt Familienstaatssekretär Ralf Kleindiek. Aus den Länder kommen aber skeptische Töne. "Wir fordern nach wie vor die volle Kompensation der reformbedingten Mehrbelastung der Länder", so der Sprecher des rheinland-pfälzischen Finanzministeriums. Auch in anderen SPD-regierten Ländern zeigt man sich wenig begeistert. Politisch sei die Reform zwar zu begrüßen, hieß es. Allerdings stehe der angebotene Verzicht des Bundes auf zurückgeholten Unterhalt in keinem Verhältnis zur Kostensteigerung für die Länder. Am Donnerstag, wenn die Chefs der Staatskanzleien bei Kanzleramtsminister Altmaier zu Gast sind, wird mit schneller Einigung nicht gerechnet.

© SZ vom 03.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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