Facebook:Deutsche Blockaden

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Der Internetriese sperrt deutlich mehr Beiträge, die Nutzer gepostet haben - vor allem hierzulande. Betroffen sind in besonderem Maße Inhalte mit Holocaust-Äußerungen.

Von Jannis Brühl, München

Facebook hat in Deutschland im ersten Halbjahr 2017 deutlich mehr Inhalte gesperrt als im Halbjahr zuvor: In 1297 Fällen blockierte das Netzwerk Beiträge, eine Steigerung um 41 Prozent. Das geht aus dem aktuellen Transparenzbericht des Unternehmens hervor. Er zeigt, inwieweit Facebook gegen Inhalte vorgeht, die laut nationalen Gesetzen illegal sind.

Der Großteil der Blockaden (1051) bezieht sich demnach auf Fälle, in denen Nutzer den Holocaust leugneten, der Rest auf Volksverhetzung oder Verstöße gegen das Jugendschutzgesetz. Kein Land lässt mehr Inhalte blockieren als Deutschland - außer Mexiko, wo 20 527 Beiträge betroffen waren. Das ist jedoch ein Sonderfall: Mehr als 20 000 Blockaden bezogen sich auf Kopien eines Videos, das einen Amoklauf an einer Schule in Monterrey im Januar zeigt. Dieses Video ist hauptverantwortlich für den weltweiten Anstieg der blockierten Inhalte um 304 Prozent, auf 28 036.

Betroffen sind vor allem Beiträge, in denen Nutzer den Holocaust geleugnet haben

Facebook blockiert die Inhalte lediglich anhand der IP-Adressen der Nutzer. Wer sich von Deutschland aus auf Facebook einloggt, bekommt damit die für das Land gesperrten Inhalte nicht angezeigt, diese Inhalte verschwinden aber nicht vollständig. Beiträge, die den Holocaust leugnen, bleiben somit beispielsweise in den USA abrufbar, weil sie dort nicht strafbar sind. Die Zahl der gesperrten Beiträge sagt deshalb nichts darüber aus, wie viele Beiträge Facebook wirklich löscht. Nur wenn Inhalte gegen die globalen Gemeinschaftsstandards des Unternehmens verstoßen, werden sie komplett entfernt.

In Deutschland tobt die Debatte über Facebooks Verantwortung weltweit am hitzigsten. Kritiker werfen dem Netzwerk vor, dass es strafbare Nutzerbeiträge wie Volksverhetzung nicht anfasse, während es andere Beiträge blockiere, die nicht eindeutig strafbar sind. Die Bundesregierung hat deshalb das viel kritisierte Netzwerkdurchsetzungsgesetz verabschiedet. Es verpflichtet große soziale Netzwerke vom 1. Januar an, illegale Beiträge schneller zu löschen oder hohe Geldbußen zu zahlen.

Der Bericht zeigt auch, wie oft staatliche Ermittler Informationen von Facebook wollen. Deutsche Behörden fragten demnach Daten von 6251 Nutzerkonten ab. Im Schnitt kam Facebook den Bitten in 59 Prozent der Fälle nach.

© SZ vom 20.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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