Extremismus:Mancherorts wieder mehr Schreiben von „Reichsbürgern“

Lesezeit: 1 min

Ein Mann hält ein Heft mit dem Aufdruck „Deutsches Reich Reisepass“ in der Hand. (Foto: Patrick Seeger/dpa/Symbolbild)

Vor einigen Wochen sind Polizei und Justiz mit einer Großrazzia gegen sogenannte Reichsbürger vorgegangen. In vielen kommunalen Ämtern oder Behörden gehören Schreiben aus dieser Szene mittlerweile zum Alltag.

Direkt aus dem dpa-Newskanal

Erfurt (dpa/th) - In manchen Teilen Thüringens bekommen kommunale Verwaltungen wieder deutlich häufiger Post von selbst ernannten „Reichsbürgern“. Beim Landratsamt Schmalkalden-Meiningen beispielsweise sei zuletzt „ein sehr starker Zuwachs“ von solchen Schreiben zu verzeichnen, sagte ein Behördensprecher der Deutschen Presse-Agentur. Zwar habe sich dieser Trend schon vor Beginn der Corona-Pandemie abgezeichnet. Aber seit das Landratsamt begonnen habe, Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Verstößen gegen coronabedingte Auflagen einzuleiten, gebe es deutlich mehr Schreiben aus dem Milieu. Diese Schreiben gingen vor allem an die Kasse des Landratsamtes, an die Bußgeldstelle, an das Sozialamt sowie das Jugendamt, hieß es. Darin werde immer wieder deutlich gemacht, dass die Absender staatliche Maßnahmen und Verfahren nicht akzeptierten.

Als „Reichsbürger“ werden Menschen bezeichnet, die die Bundesrepublik und das Rechtssystem nicht anerkennen. Die Sicherheitsbehörden hatten kürzlich bei einer Razzia 25 mutmaßliche „Reichsbürger“ festgenommen. 22 von ihnen wird vorgeworfen, Mitglied einer terroristischen Vereinigung zu sein, die das politische System stürzen wollte.

In anderen Teilen Thüringens sind die kommunalen Verwaltungen allerdings offenbar nicht so häufig mit „Reichsbürger“-Post konfrontiert wie im Süden des Freistaats. Im Landratsamt Nordhausen seien aktuell keine Schreiben von Reichsbürgern eingegangen, sagte eine Sprecherin.

Aus Gera hieß es, zwar habe es während der Hochphase der Pandemie und der damit verbundenen Einschränkungen mehr Reichsbürger-Schreiben als zuvor gegeben. „Derzeit ist es wieder abgeflacht“, sagte eine Sprecherin der Stadtverwaltung.

In den Stadtverwaltungen Weimar und Erfurt gibt es den Angaben zufolge keine Zunahme. Allerdings landeten derartige Schreiben zumindest auch in Erfurt regelmäßig im Posteingang vor allem des Bürgeramtes. „Schreiben von Reichsbürgern betreffen vorzugsweise die Bußgeldstelle, da diese auch Verfahren mit Menschen führt, die nicht in Erfurt wohnen“, sagte die Sprecherin der Stadtverwaltung Erfurt. Wenn es den Verdacht gebe, dass jemand ein „Reichsbürger“ sei, werde die entsprechende Information an das Landesverwaltungsamt weitergeleitet, damit dieses Amt den Verfassungsschutz und die jeweils zuständigen Waffenbehörden informiere könne.

Sowohl in Erfurt als auch in Schmalkalden-Meiningen sind nach Angaben der Verwaltungen unter den Absendern von „Reichsbürger“-Schreiben Menschen, die den Behörden bereits als Anhänger dieses Milieus bekannt sind. „Aber es gibt auch einige bisher unbekannte Personen, die jetzt typische Musterschriftsätze verwenden“, sagte die Sprecherin der Stadtverwaltung Erfurt. Ähnlich äußerte sich auch der Sprecher des Landratsamtes Schmalkalden-Meiningen.

© dpa-infocom, dpa:221230-99-52466/2

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: