Europapolitik:Platz da

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Der CDU-Politiker Elmar Brok, 72, gehört seit 1980 dem Europäischen Parlament an und ist damit der dienstälteste Abgeordnete. Mit der Europawahl 2019 scheidet der Ostwestfale aus dem EU-Parlament aus. (Foto: Kay Nietfeld/dpa)

Elmar Brok sitzt seit 1980 für die CDU im EU-Parlament, wo er für deutsche Interessen kämpft. Nun droht das Karriereende, weil sein Landesvorstand ihn nicht zur Wahl aufgestellt hat.

Von Alexander Mühlauer und Christian Wernicke, Brüssel/Düsseldorf

Am Tag danach fasst sich so mancher EU-Diplomat an den Kopf: "Wenn Elmar Brok nicht mehr im Europäischen Parlament sein sollte, dürfte der deutsche Einfluss in Brüssel geringer werden." Schließlich habe der Ostwestfale mit dem markanten Schnauzer stets Karrieren seiner Landsleute befördert und für deutsche Interessen in Europa gekämpft. Doch nun droht dem 72-Jährigen, der seit 1980 für die CDU im EU-Parlament sitzt, das Aus. Am Montagabend stellte der Landesvorstand seiner NRW-CDU Brok zur Europawahl im Mai nicht wieder auf.

Am Tag nach dem Schock versichert Brok, er gebe sich noch nicht geschlagen. Der EU-Abgeordnete zeigt sich wortkarg, aber entschlossen: "Das Spiel ist noch nicht zu Ende." Als seine letzte Chance sieht er eine Landesvertreterkonferenz am 26. Januar - denn formal haben diese Delegierten das allerletzte Wort über die Wahlliste der nordrhein-westfälischen CDU.

Am Dienstag fällt es in Düsseldorf etlichen Parteifreunden schwer, die jähe Niederlage des Elmar Brok zu erklären. "Das war ein schrecklicher Unfall", sagt ein Mitglied des Landesvorstands, ein anderer Eingeweihter spricht von "einem Tollstück im politischen Theater". NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, zugleich CDU-Landeschef, gibt sich betroffen: "Elmar Brok gehört zu den einflussreichsten Europapolitikern in Brüssel", sagt Laschet der Süddeutschen Zeitung. Sein Kommentar zur Niederlage: "Das bedaure ich sehr."

Laschet, einst als EU-Abgeordneter ein Kollege Broks, weiß genau, dass sein Parteifreund als enger Vertrauter von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker gilt und zudem mit vielen Staats- und Regierungschefs der EU bestens vernetzt ist. Genau mit diesem Pfund hatte Laschet am Montagabend ja für Brok geworben. Brok, der amtierende Brexit-Beauftragte der EVP-Fraktion im EU-Parlament, werde gerade jetzt dringend gebraucht, da Europa schwere Zeiten durchlebe, begründete Laschet seine Idee, Elmar Brok auf Platz vier der Landesliste zu platzieren. Montagmittag hatten die Vorsitzenden der acht CDU-NRW-Bezirke Brok per Regionalproporz nur auf Platz sechs gesetzt. In beiden Fällen galt dessen Wiederwahl als gesichert. Kritiker bemängeln nun, Laschet habe seinen Vorstoß für Brok "zwar gut gemeint, aber sehr schlecht gemacht". Indem er das Kompromisspaket der Regionalfürsten aufschnürte, habe der CDU-Landeschef "einen Dominoeffekt" ausgelöst, sagt ein Parteifreund. Schon vor der Sitzung sei in der Partei geraunt worden, warum ein 72-jähriger Politiker nochmals fünf Jahre nach Brüssel wolle. Brok wusste von diesem Unwillen - und verzichtete unter Verweis auf einen "nötigen Generationswechsel" auf Platz vier der Liste. Zudem hatte Brok vernommen, dass der starke Bezirk der Ruhrgebiets-CDU mit einem Gegenkandidaten drohte.

Laschet und selbst Vertraute von Brok traf das unverhofft. Denn jeder wusste: EU-Listenplatz sechs wollte ein Landtagsabgeordneter ergattern, der im Fall seines Sieges wiederum Platz für einen jungen, populären CDU-Nachrücker im Düsseldorfer Parlament machen würde. Broks Manöver machte die Abstimmung zu einem Votum Alt gegen Jung. Und Alt verlor, mit 20 zu 17 Stimmen.

© SZ vom 09.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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