Europäische Union:Zum Auftakt Verleumdung

Lesezeit: 2 min

„Nichts zu verbergen“: Laura Kövesi könnte erste Europäische Staatsanwältin werden. Ihrer Regierung in Rumänien gefällt das nicht – dort bekämpfte Kövesi zu erfolgreich die Korruption. (Foto: Daniel Mihailescu/AFP)

Die Rumänin Laura Kövesi will Europäische Staatsanwältin werden. Ihre Bewerbung wird zum Politkrimi.

Von Karoline Meta Beisel, Brüssel

Der Europäische Staatsanwalt soll Straftaten gegen den Haushalt der EU bekämpfen - aber jetzt wird schon die Besetzung dieser Position zum Politkrimi, lange bevor die neue Behörde überhaupt ihre Arbeit aufgenommen hat.

Das hat mit der Favoritin für das Amt zu tun. Laura Kövesi leitete fünf Jahre lang sehr erfolgreich die rumänische Antikorruptionsbehörde. Offenbar zu erfolgreich für manche in ihrer Heimat: Im vergangenen Jahr wurde sie von der sozial-liberalen Regierung unter fadenscheinigen Gründen ihres Amts enthoben. Jetzt will diese Regierung unbedingt verhindern, dass Kövesi das mächtige EU-Amt bekommt. In der vergangenen Woche eröffnete eine Sonderermittlungsbehörde in Rumänien ein Verfahren gegen Kövesi - wegen Bestechung, ausgerechnet. Für viele in Brüssel ist all das ein weiteres Zeichen dafür, dass der Rechtsstaat in Rumänien in Gefahr ist.

Das Parlament will Laura Kövesi, die Mitgliedstaaten aber wollen den Franzosen Bohnert

Die Folgen der Kampagne gegen Kövesi konnte man am Dienstag auch im Europaparlament in Brüssel beobachten, wo sich die drei aussichtsreichsten Bewerber um das Amt in einer Art öffentlichem Jobinterview den Abgeordneten präsentierten. Kritische Fragen mussten sich alle drei Bewerber gefallen lassen. "Haben Sie genug Biss für diesen Job?", wollte eine Abgeordnete etwa von dem französischen Bewerber Jean-François Bohnert wissen, der sehr distinguiert und mehrsprachig auftrat, dabei aber eher wie ein Diplomat rüberkam als wie einer, der sich furchtlos dem organisierten Verbrechen entgegenwirft. Bohnert ist der Favorit der EU-Mitgliedstaaten, die schon in der vergangenen Woche darüber abstimmten, wem sie das Amt anvertrauen wollen. Kövesi landete in dieser Abstimmung gemeinsam mit dem deutschen Kandidaten Andrés Ritter, Chef der Staatsanwaltschaft in Rostock, nur auf Platz zwei - entgegen der ausdrücklichen Empfehlung einer unabhängigen Berufungskommission. Wer den Job nun bekommen soll, entscheiden die Mitgliedstaaten aber mit dem Parlament gemeinsam. Umso wichtiger war darum Kövesis Auftritt am Dienstagabend.

"Ich weiß, dass Sie viel Schlechtes über mich gehört haben", sagte Kövesi dort vor den Abgeordneten. "Aber ich habe nichts zu verbergen." Sie sei Druck gewohnt und wolle weitermachen, wo Giovanni Falcone angefangen hat, jener berühmte sizilianische Mafiajäger, der 1992 bei einem Attentat ermordet wurde.

Über Kövesis Motive oder ihre Ideen für die neu aufzubauende Behörde wollten viele Abgeordnete dann aber kaum etwas wissen. Stattdessen fragten sie, was es mit den Auszeichnungen durch den US-Geheimdienst CIA auf sich hat, Kövesi wird in Rumänien allzu große Nähe zu den USA vorgeworfen. Oder warum sie in ihrer Heimat rausgeworfen wurde. Eine Abgeordnete bat Kövesi, die nach ihrem Eingangsstatement vom Englischen ins Rumänische gewechselt war, doch noch einmal etwas auf Englisch zu sagen. Kövesi ließ sich nicht provozieren. Sie antwortete freundlich - und auf Englisch -, sie könne übrigens auch Französisch.

Bei den Abstimmungen in den beiden maßgebenden Parlamentsausschüssen setzte sich Kövesi dennoch durch; wenn auch nur mit knappem Vorsprung. So hatte es etwa unter den Sozialdemokraten im Parlament Vorlieben zugunsten des französischen Kandidaten gegeben. Das könnte man so interpretieren, dass Abgeordnete derselben Parteienfamilie einander nicht in den Rücken fallen, was die Sozialdemokraten der Europäischen Volkspartei mit Blick auf Ministerpräsident Orbán in Ungarn selbst immer wieder vorwerfen. Oder aber als Zeichen für die Sorge sehen, dass die auch für das Vertrauen in die EU wichtige Europäische Staatsanwaltschaft durch den Wirbel um die Personalie schon beschädigt werden könnte, bevor sie ihre Arbeit überhaupt aufgenommen hat.

Der Wirbel dürfte in den kommenden Tagen eher zunehmen. Die Mitgliedstaaten wollen Bohnert, das Parlament will Kövesi. Aber nur einer kann das Amt bekommen. Irgendwie werden sie sich einigen müssen.

© SZ vom 28.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: