Europäische Union:Wie immer der Jüngste

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Litauens Kandidat für einen Kommissionsposten ist erst 28 Jahre alt, aber schon erfahren: Virginijus Sinkevičius soll sich um das Thema Umwelt kümmern - und nach Wunsch von der Leyens die Kollegen antreiben: "Wir müssen liefern, liefern, liefern."

Von Matthias Kolb und Karoline Beisel, Brüssel

Wenn alles glatt läuft, der zuständige Fachausschuss im Europaparlament keine Einwände erhebt und Ende Oktober alle 751 EU-Abgeordneten der neuen EU-Kommission zustimmen, dann feiert Virginijus Sinkevičius seinen Geburtstag in Brüssel. Am 4. November - vier Tage nach dem regulären Ende der Juncker-Kommission - wird der Litauer 29 Jahre alt und wäre damit der jüngste EU-Kommissar aller Zeiten. Bislang gehört dieser Titel der Bulgarin Mariya Gabriel, die 2017 mit 38 Jahren Digitalkommissarin wurde und sich künftig um Jugend und Innovation kümmert.

Für Sinkevičius hat die designierte Kommissionschefin Ursula von der Leyen die Zuständigkeit für Umwelt und Ozeane vorgesehen. Sie lobte ihn als "exzellenten, jungen und zielstrebigen Politiker", der die künftigen Kollegen daran erinnern solle, wie wichtig der Kampf gegen den Klimawandel gerade für Europas Jugend sei: "Wir müssen liefern, liefern, liefern."

Oft der Jüngste zu sein, das ist normal für Sinkevičius. 2016 wurde er mit 26 für den "Bund der Bauern und Grünen" ins litauische Parlament gewählt und übernahm sofort den Vorsitz des Wirtschaftsausschusses. Ein Jahr später wechselte er als Wirtschaftsminister in die Regierung, seit 2019 kümmert er sich auch um Innovation. Sinkevičius setzte sich dafür ein, dass sich in Litauen viele Start-ups ansiedeln. Die Bereiche Blockchain und Fintech - also Tech-Unternehmen, die auf Finanzdienstleistungen spezialisiert sind - haben es ihm besonders angetan; hier gilt er als eloquenter Vertreter seines Landes.

In Umweltfragen ist seine Partei grün, ansonsten eher konservativ

Sinkevičius studierte in Großbritannien Wirtschaft, bevor er in Maastricht einen Abschluss in Europastudien machte. Er spricht neben Englisch auch Russisch und Polnisch. Neben seinem Alter kommt ihm eine weitere Sonderstellung zu: Er steht als Einziger aus von der Leyens Truppe den Grünen nahe. So einfach ist die Sache jedoch nicht: Zwar gehören die beiden EU-Abgeordneten seiner Partei im Europaparlament der Grünen-Fraktion an, doch in gesellschaftspolitischen Fragen ist die Partei konservativ.

Folglich sagt Philippe Lamberts, Co-Fraktionschef der Grünen, der SZ über Sinkevičius: "Es freut uns, dass er eng mit uns zusammenarbeiten will, aber seine Partei gehört nicht zu den Europäischen Grünen. Die Länder, in denen die Europäischen Grünen an der Regierung beteiligt sind, haben keine grünen Kandidaten geschickt." Seine Partei sei kein Teil der neuen EU-Kommission, so Lamberts: "Es gibt keine Pflicht, sich jemandem gegenüber loyal zu verhalten, der uns nicht beteiligt."

In Interviews sagte Sinkevičius, dass er im Europaparlament mit Fragen zu seiner Jugend rechne. Er will sich mit "viel Energie" auf die Befragung vorbereiten, auch wenn er dadurch noch weniger Zeit hat für Litauens zweite Religion: Er ist glühender Basketball-Fan.

© SZ vom 11.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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