Europäische Union:Rüge wegen Blitzkarriere

Die EU-Bürgerbeauftragte hat der Europäischen Kommission ein vernichtendes Zeugnis für die umstrittene Beförderung des Deutschen Martin Selmayr ausgestellt.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Die EU-Bürgerbeauftragte hat der Europäischen Kommission ein vernichtendes Zeugnis für die umstrittene Beförderung des Deutschen Martin Selmayr zum höchsten Beamten der Behörde ausgestellt. Bei der Ernennung des früheren Kabinettschefs von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zum Generalsekretär seien Regeln "nicht korrekt" angewendet und "manipuliert" worden, erklärte die EU-Ombudsfrau Emily O'Reilly am Dienstag. In ihrem Prüfbericht verlangte sie aber keine Wiederholung des Auswahlprozesses, sondern lediglich ein neues Verfahren bei der künftigen Ernennung des Generalsekretärs. Selmayr wurde in einer Kommissionssitzung binnen weniger Minuten erst zum stellvertretenden Generalsekretär und dann zum Generalsekretär ernannt. Die Blitzbeförderung wurde vom EU-Parlament massiv kritisiert. Von einer "handstreichartigen Aktion" war die Rede; die Abgeordneten forderten wegen der möglichen Verletzung von Regeln eine Neuauflage des Verfahrens. Die EU-Bürgerbeauftragte kritisierte mehrere "Missstände". Diese seien der Tatsache geschuldet, dass die Kommission die einschlägigen Regeln nicht korrekt angewendet habe, "weder ihrem Wortlaut noch ihrem Sinn nach". Die Behörde habe "künstlich den Eindruck von Dringlichkeit für die Neubesetzung der Stelle des Generalsekretärs" erzeugt, "um rechtfertigen zu können, dass keine Stellenausschreibung veröffentlicht wurde". O'Reilly kritisierte auch die Kommunikationspolitik der Kommission. Die Behörde habe "defensiv, ausweichend und teilweise sogar aggressiv" reagiert. Der für Personal zuständige EU-Kommissar Günther Oettinger sagte, man teile "nicht alle Aspekte" des Prüfberichts und bewerte die Fakten anders. Die Kommission wolle aber gemeinsam mit den anderen EU-Institutionen überlegen, wie die aktuellen Vorschriften und Verfahren verbessert werden könnten.

© SZ vom 05.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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