Europäische Schuldenkrise:Griechenlands Politik sucht nur noch einen Schuldigen

Heute kommen die Finanzminister der Euro-Länder zu einem Sondertreffen zusammen. Thema: Das von der Pleite bedrohte Griechenland. Die Politiker dort provozieren die Gläubiger mit aufreizender Wurstigkeit. In Athen wird nur noch ein Schuldiger gesucht, der am Ende das hässliche Wort von der Insolvenz ausspricht.

Stefan Kornelius

Griechenland ist zum Vakuum-Staat reduziert: Es gibt ein Arbeits-Vakuum, ein Spar-Vakuum und ein Entscheidungs-Vakuum. Überall ist leerer Raum, der sich mit nichts füllen lässt - es gibt keine Arbeit, es gibt nichts mehr zum Sparen, und Entscheidungen werden ebenfalls nicht gefällt. Die Leere lässt sich nicht mal mit dem Gezeter der Menschen, der Taktiererei der Politiker und den panischen Mahnungen der Gläubiger füllen - sie ist einfach nur da.

Dies wäre der Augenblick, wo wenigstens ein bisschen Aufrichtigkeit helfen würde. Die Mahnung geht vor allem an die griechische Politik. Der Grad an Verantwortungslosigkeit gegenüber dem eigenen Volk, aber auch gegenüber den Partnern in der Union ist mit Worten nicht mehr zu fassen.

Wie wenig demokratische Kraft hat dieses System noch, wo nicht mal die Angst vor der Bestrafung durch den Wähler zu Aufrichtigkeit und Bescheidenheit zwingt. Transparenz und Aufrichtigkeit wären nun die Tugenden der Stunde, stattdessen aber bietet die griechische Parteimaschinerie undurchschaubare Interessens-Spiele und verbreitet Halbwahrheiten über den tatsächlichen Zustand des Landes und die Rolle der Retter.

Diese Art der Kommunikation in höchster Not lässt nur einen Schluss zu: Hier wird ein Schuldiger gesucht. Es braucht dringend einen bösen Buben, der am Ende das hässliche Wort von der Insolvenz ausspricht.

Die Gläubiger provozieren Griechenland (etwa durch die Drohung mit Staatsaufpassern aus Brüssel). Und die griechische Politik provoziert mit ihrer aufreizenden Wurstigkeit. Das Ergebnis: Auf beiden Seiten wächst die Aggression. Ein paar Tage noch werden die Nerven halten müssen.

© SZ vom 09.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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