Europa:EU sieht Gefahr für die Weltwirtschaft

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Europa ist auf Wachstumskurs, doch die Kommission warnt vor Risiken: einem sich abschottenden Amerika, dem Brexit - und unwägbaren Wahlergebnissen in wichtigen Mitgliedsstaaten

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Die EU-Kommission hat sich kritisch zu den wirtschaftlichen Plänen der neuen US-Regierung geäußert. Die von Präsident Donald Trump angekündigte Abkehr von einer offenen Handelspolitik könne "großen Schaden anrichten", sagte EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici bei der Vorstellung der Winterkonjunkturprognose am Montag in Brüssel. Trotz dieser hohen politischen Unsicherheit in Washington, den Unwägbarkeiten, die aus dem Brexit resultieren und den bevorstehenden Wahlen in großen EU-Ländern sieht die Kommission die europäische Wirtschaft weiter auf Wachstumskurs. Die Brüsseler Behörde rechnet für dieses Jahr mit einem Wachstum von 1,6 Prozent, das 2018 auf 1,8 Prozent ansteigen soll.

Bei aller Sorge über die Entwicklungen in den Vereinigten Staaten betonte die EU-Kommission aber auch die besondere Bedeutung der transatlantischen Beziehungen. Es sei wichtig, die Zusammenarbeit mit den Amerikanern weiter voranzutreiben, sagte Moscovici. Die Europäer bräuchten allerdings noch genauere Informationen darüber, was Trump bei der Bankenregulierung und in der Handelspolitik vorhabe. Der neue US-Präsident hatte angekündigt, die in der Finanzkrise geschaffenen strengeren Regeln für Geldhäuser deutlich aufzuweichen und Produkte aus Europa mit hohen Strafzöllen zu belegen.

Mit Blick auf die protektionistischen Töne aus Washington warnte die EU-Kommission die Exportnation Deutschland vor erheblichen Risiken im Fall zunehmender Handelshemmnisse. Deutschlands enorme Exportüberschüsse werden der Prognose zufolge zwar etwas sinken, da die Importe stärker zulegen dürften als die Ausfuhren. Die Leistungsbilanz werde in diesem Jahr einen Überschuss von 8,3 Prozent erzielen. Die EU-Kommission sieht Werte von dauerhaft mehr als sechs Prozent als stabilitätsgefährdend an. EU-Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrovskis sagte, Deutschland müsse sich mehr auf öffentliche Investitionen konzentrieren.

Als einen weiteren politischen Unsicherheitsfaktor für die Wirtschaft machte die Kommission die bevorstehenden EU-Austrittsverhandlungen mit Großbritannien und die Wahlen in großen EU-Mitgliedstaaten aus. Denn neben Deutschland stehen in diesem Jahr auch in Frankreich und den Niederlanden Abstimmungen bevor. In den beiden deutschen EU-Partnerländern gibt es starke populistische und europakritische Kräfte, die den Euro als Gemeinschaftswährung abschaffen wollen. Je nach Wahlausgang könnte der Währungsunion eine neue Krise drohen.

Schon jetzt beunruhigt der anhaltende Streit mit dem hoch verschuldeten Griechenland die Finanzmärkte. Staaten wie Frankreich, Italien und Spanien kämpfen mit einem zu hohen Haushaltsdefizit. Die EU-Kommission ermahnte die drei Länder, bei den Reformen nicht nachzulassen. Sie dürften sich nicht darauf verlassen, dass die ultra-lockere Geldpolitik der Europäischen Zentralbank "auf Dauer" bestehen bleibe. "Deshalb sollten Länder mit hohem Haushaltsdefizit und hohem Schuldenniveau diese weiter zurückführen, um widerstandsfähiger zu werden", sagte Dombrovskis.

© SZ vom 14.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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