Euro-Hawk-Untersuchungsausschuss:De Maizières zweifelhafter Hubschrauber-Deal

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Verteidigungsminister Thomas de Maizière bei der Kabinettssitzung am Mittwoch in Berlin. (Foto: Johannes Eisele/AFP)

Bemerkenswert unaufgeregt nimmt der Untersuchungsausschuss zum Euro-Hawk-Projekt seine Arbeit auf. Für den Minister wird es trotzdem unangenehm - wegen eines fragwürdigen Großauftrags für Hubschrauber.

Von Christoph Hickmann, Berlin

Es ging dann alles sehr schnell. Am frühen Nachmittag, kurz nach 14 Uhr, nahm der Untersuchungsausschuss zum gescheiterten Euro-Hawk-Projekt seine Arbeit auf, und nicht einmal eine Dreiviertelstunde später war alles erledigt. Zuvor hatte sich der Verteidigungsausschuss als Untersuchungsausschuss konstituiert, nun beschlossen die Parlamentarier Beweisanträge, Zeugenliste, Zeitplan, alles einvernehmlich, ohne Aufregung und Scharmützel. Bleibt die Frage, ob es so weitergeht.

Bislang bemühen sich Opposition und Mehrheitsfraktionen darum, möglichst konstruktiv zusammenzuarbeiten. Keiner will sich in den Ruf bringen, ein reines Wahlkampfspektakel zu veranstalten. Und sobald auch nur kleine Reibereien auftreten, könnte das den überaus ambitionierten Zeitplan durcheinander bringen, nach dem die Befragung der Zeugen Ende Juli beendet sein soll. Zwei Monate für einen ganzen Ausschuss - das geht nur, wenn Grabenkämpfe (weitestgehend) entfallen.

Trotzdem war der Mittwoch wieder einmal kein allzu angenehmer Tag für Thomas de Maizière (CDU). Denn bevor sie den Fahrplan für den Untersuchungsausschuss beschlossen, hatten die Parlamentarier erst noch als Verteidigungsausschuss getagt. Und da war der Verteidigungsminister zwar nicht anwesend - doch was besprochen wurde, betraf ihn durchaus.

Da war vor allem ein fragwürdiger Hubschrauber-Deal - genauer: die Reduzierung eines Großauftrags, die eigentlich Geld sparen sollte, nun aber kaum eine Ersparnis bringt. Ursprünglich war geplant, 202 Helikopter der Typen NH90 und Tiger zu kaufen, doch nach langen Verhandlungen verkündete das Verteidigungsministerium, dem Hersteller Eurocopter nur noch insgesamt 139 Stück abzunehmen. Im Gegenzug sollen 18 spezielle NH90 für die Marine beschafft werden, in der Summe also 157 Maschinen. Das sind deutlich weniger als vorgesehen, doch statt 8,3 Milliarden Euro soll das Ganze nun immer noch 8,1 Milliarden kosten. Die Einsparung beträgt gerade einmal 224 Millionen Euro - bei weitem nicht der massive Spareffekt, den das Ministerium einst angekündigt hatte.

Dieser Lesart widersprach das Ministerium zwar am Mittwoch mit der Argumentation, man müsse die 18 Marinehubschrauber (nun als Sea Lion bezeichnet) gegenrechnen, da die entsprechenden Mittel ansonsten "in den kommenden Jahren nicht verfügbar" gewesen wären. Die Abgeordneten allerdings überzeugte das nicht. Nach der Sitzung teilte der SPD-Verteidigungsfachmann Rainer Arnold mit, der Ausschuss habe "einvernehmlich beschlossen, dem Memorandum of Understanding zur Stückzahlreduzierung" nicht zuzustimmen. Daraus wurde die Interpretation, der Verteidigungsausschuss habe den Deal gestoppt - was die Union auf den Plan rief, die Wert auf die Feststellung legte, dass keinerlei Beschlüsse gefasst worden seien.

Tatsächlich ist das entscheidende Gremium der Haushaltsausschuss - und dort erzeugten die Verteidigungspolitiker einiges an Verwirrung. Die Haushälter fragten sich am Mittwochabend, was die Kollegen da eigentlich genau beschlossen hatten. Es ging um die ihnen offiziell übermittelte Formulierung, die Verteidiger hätten die Ausführungen des Staatssekretärs Stéphane Beemelmans zur Kenntnis genommen (was ein wenig von Arnolds Aussage abwich). Daraus entstand Streit darüber, wie die Formulierung zu verstehen sei, sodass die Sitzung bis 19 Uhr unterbrochen wurde. Danach ging es zur Sache: Die schwarz-gelbe Mehrheit billigte das Vorhaben gegen die Bedenken der Opposition.

Die wusste, ihre Skepsis betreffend, auch den Bundesrechnungshof an ihrer Seite. Am Morgen hatte Spiegel Online über ein Gutachten berichtet, in dem der Deal als schlecht verhandelt bezeichnet worden sei. Zudem brachte die Opposition auf, dass der Haushaltsausschuss laut Vorlage "bereits jetzt um Zustimmung gebeten" wurde, die im Memorandum of Understanding "getroffenen Rahmenbedingungen industrievertraglich verbindlich umzusetzen". Die Haushälter sollten "nach Abschluss der Verhandlungen" über das Ergebnis unterrichtet werden.

Doch die schwarz-gelbe Mehrheit stimmte dem Vorhaben zu. Der Grünen-Haushaltspolitiker Tobias Lindner sprach davon, dass "die parlamentarische Mitsprache ausgehebelt" werde. "Die geänderten Verträge sollen dem Haushaltsausschuss nur noch zur Information vorgelegt werden", sagte er. "Eine wirkliche Mitentscheidung ist dann nicht mehr möglich."

© SZ vom 27.06.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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