EU:Tingeln durch Europa

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Erst in Kroatien, dann nach Spanien und Italien: Ursula von der Leyen. (Foto: AFP)

Erst in Kroatien, dann nach Spanien und Italien: Von der Leyen wirbt um Personal für die EU-Kommission. Das ist schwieriger als gedacht.

Von Matthias Kolb, Brüssel

Seit erst einem Monat ist Ursula von der Leyen auf Twitter vertreten, und die designierte Chefin der EU-Kommission nutzt den Kurznachrichtendienst noch ziemlich zurückhaltend. Am Dienstagmorgen postete ihr Team ein Foto der CDU-Politikerin, die am Brüsseler Flughafen auf ihren Flug wartet. Das nächste Ziel ihrer Kennenlerntour durch Europa: die kroatische Hauptstadt Zagreb, wo sie mit Ministerpräsident Andrej Plenković verabredet war.

Noch in dieser Woche will von der Leyen auch Spanien und Italien besuchen. Das Bild aus der Flughafen-Lounge zeigt, was sich für die frühere Verteidigungsministerin ändert: Über ein eigenes Flugzeug verfügt sie nun nicht mehr, sondern muss wie Vorgänger Jean-Claude Juncker und alle EU-Kommissare Linie fliegen. Der Terminkalender orientiert sich nun am Flugplan. Machbar ist dies ohne Frage - Juncker reiste mit Flug 951 von United Airlines nach Washington, bevor er Trump eine Pause im Handelsstreit abrang - aber so effizient wie früher sind Reisen nicht mehr.

In Brüssel wird gelästert, dass sie noch keine Ex-Premiers für die Kommission gewonnen hat

In den Hauptstädten wird von der Leyen über das Arbeitsprogramm bis 2024 sowie Zuschnitt und Personal ihrer EU-Kommission sprechen. Während Spanien mit Josep Borrell als EU-Außenbeauftragtem prominent vertreten ist, haben Kroatien und Italien ihre Kandidaten noch nicht benannt - und Plenković weiß wie Giuseppe Conte, wie wichtig der ersten Frau an der Spitze der Kommission die Geschlechterparität ist. Hier tut sich etwas: Zypern schickt Stella Kyriakides ins Rennen und am Montagabend sagte Tschechiens Premier Andrej Babiš, dass Digitalkommissarin Věra Jourová in Brüssel bleiben solle. Elf Männer und acht Frauen sind offiziell von den Regierungen nominiert worden; und Schweden schickt wohl erneut eine Kommissarin. Im August führt von der Leyen Gespräche mit den Bewerbern, die im Herbst das Europaparlament überzeugen müssen.

Jourová ist dort gut bekannt und Prag würde ein Portfolio mit Digital- oder Wirtschaftsbezug gefallen, so Babiš. Er pries von der Leyen dafür, die Spaltung zwischen Ost- und West überwinden zu wollen. Ähnlich dürfte sich auch jener Mann äußern, der am Donnerstag in Brüssel erwartet wird und mit Babiš und Polens Premier Mateusz Morawiecki den Sozialdemokraten Frans Timmermans als Nachfolger von Juncker verhinderte: Viktor Orbán. Der Ungar bezeichnete von der Leyen kürzlich als "pragmatisch und Mutter von sieben Kindern". Er fordert, die Kommission solle nicht mehr auftreten wie ein "politischer Aktivist" - ein Verweis auf das gegen Budapest laufende Rechtsstaatsverfahren.

Dass von der Leyen in dieser Frage zuletzt Formulierungen wie "keiner von uns ist perfekt" nutzte, wird in Brüssel aufmerksam registriert. Hier wird auch gelästert, dass die Deutsche bisher kein Top-Personal rekrutiert hat: Ihr Vorgänger Juncker hatte in seiner Bewerbungsrede gesagt, politische "Schwergewichte" gewinnen zu wollen. Dies gelang: Drei Ex-Premierminister und mehrere Außenminister wechselten nach Brüssel. Davon ist 2019 nichts zu sehen. Medienberichten zufolge möchte Rumänien seine EU-Botschafterin Luminita Odobescu vorschlagen. Die gilt in Brüssel zwar als hochprofessionell, aber ist eben keine Politikerin, die in der Heimat jeder kennt.

© SZ vom 31.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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