EU-Sondergipfel:EU erkennt Wahl in Belarus nicht an

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Bei der Abstimmung habe es "massive Regelverstöße" gegeben, sagt Kanzlerin Merkel nach dem Sondergipfel. Die Europäische Union kündigt Sanktionen an. Auch Russland übt erstmals Kritik.

Von Karoline Meta Beisel und Daniel Brössler, Berlin/Brüssel

Nach der umstrittenen Wahl in Belarus haben sich die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union darauf geeinigt, Sanktionen gegen Verantwortliche für Wahlfälschungen und Polizeigewalt zu verhängen. "Die Wahlen waren weder frei noch fair und genügten nicht den internationalen Standards", sagte Ratspräsident Charles Michel nach der Videokonferenz am Mittwoch in Brüssel. "Es gibt für uns keinen Zweifel daran, dass es massive Regelverstöße gegeben hat", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin. Darum könne man das Ergebnis "nicht anerkennen". Die Europäische Union folgt damit einer Forderung von Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja. In Richtung der Machthaber in Belarus forderte Charles Michel: "Hört auf mit der Gewalt." Die EU akzeptiere nicht, dass die Taten ungestraft bleiben. Zugleich stehe man bereit, einen nationalen Dialog in Belarus zu begleiten, um die Krise in dem Land zu entschärfen. Auf die Frage, ob Neuwahlen dabei eine Option sein könnten, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, das belarussische Volk fordere Neuwahlen. "Es ist ihre Entscheidung, bei der wir sie unterstützen."

Die EU befürwortet nach den Worten Michels und Merkels, dass die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) bei diesem Dialog mitwirkt. Albanien, das derzeit den Vorsitz der OSZE innehat, hatte zuvor bereits angeboten, eine Vermittlerrolle zu übernehmen.

Es gehe nicht darum, Belarus eine Richtung vorzugeben, betonte Merkel. "Weißrussland muss einen Weg für sich alleine finden", sagte sie. Es dürfe "keine Einmischung von außen" geben. Man wolle einen "unabhängigen Weg für Weißrussland, bei dem selber im Land entschieden wird, wie die politischen Gegebenheiten sind". Ein militärisches Eingreifen Russlands würde "die Situation sehr komplizieren", warnte sie.

Merkel bedauerte, dass Staatschef Alexander Lukaschenko "jegliches Telefonat" mit ihr abgelehnt habe. Dadurch könne sie auch keine Vermittlerrolle übernehmen. Auf die Frage, ob die EU Lukaschenko noch als legitimen Präsidenten anerkenne, antwortete Merkel ausweichend. Die Wahl sei weder frei noch fair gewesen. "Das muss man konstatieren, dennoch ist Lukaschenko noch da", sagte sie. Ein nationaler Dialog müsse diejenigen einschließen, "die heute dort die Macht haben". Erstmals räumte auch Russland Mängel bei der Präsidentenwahl ein. "Die Wahl war nicht ideal. Natürlich nicht", sagte Außenminister Sergej Lawrow am Mittwoch im russischen Staatsfernsehen. Dafür gebe es nicht wenige Beweise.

Lukaschenko nannte am Mittwoch die EU-Ankündigungen eine unangemessene Einmischung in innere Angelegenheiten. Er werde mit neuer Härte gegen Demonstrationen vorgehen. Mit der Ankündigung von Sanktionen bestätigten die Staats- und Regierungschefs das Ergebnis von Beratungen der EU-Außenminister vom Freitag. Die Liste werde nun von den Diensten der EU erarbeitet, sagte Michel. Ob auch Machthaber Lukaschenko auf dieser Liste stehen werde, müsse in diesem Prozess geklärt werden.

© SZ vom 20.08.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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