EU:Scheitern noch möglich

Lesezeit: 2 min

Die EU-Mitgliedstaaten stimmen ein letztes Mal über die Urheberrechtsreform ab - doch mehrere Regierungen verweigern ihre Zustimmung.

Von Karoline Meta Beisel, Brüssel

Eigentlich ist dieser Schritt im Gesetzgebungsverfahren eher Formsache: An diesem Montag stimmen die Mitgliedstaaten der Europäischen Union ein letztes Mal über die umstrittene Urheberrechtsreform ab. Nachdem inzwischen aber bereits mehrere Regierungen vorab erklärt haben, dem Gesetz nicht zustimmen zu wollen, hält es inzwischen sogar der zuständige Berichterstatter des Europaparlaments, Axel Voss (CDU), für möglich, dass die Reform noch scheitern könnte. Er gehe zwar nach wie vor von einer Mehrheit aus, sagte er der Süddeutschen Zeitung. Festlegen wolle er sich aber nicht: "Dazu ist das Thema viel zu emotional."

Die "Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt" ist das wohl umstrittenste Gesetz der ausgehenden Legislaturperiode des EU-Parlaments. Das gilt vor allem für die Regelung, nach der Internetplattformen wie Youtube künftig haften sollen, wenn Nutzer urheberrechtlich geschützte Inhalte auf die Seite hochladen. Kritiker fürchten, dass sich Plattformen mit sogenannten Uploadfiltern gegen diese Haftung schützen werden - und im Zweifel eher großzügig blockieren könnten, als ein Haftungsrisiko in Kauf zu nehmen. Einbußen für die Meinungsfreiheit wären die Folge, so die Argumentation.

Ende der vergangenen Woche hatten darum bereits fünf Mitgliedstaaten, etwa die Niederlande und Polen, in einer Mitteilung erklärt, der Reform nicht zustimmen zu können, weil sie keinen guten Mittelweg "zwischen dem Urheberschutz und den Interessen der EU-Bürger und -Firmen" finde. Estland teilte mit, dass die gerade neugewählte Regierung sich nicht schnell genug auf eine Haltung festlegen könne. Und zuletzt forderte auch in Schweden das Parlament die Regierung auf, gegen die Reform zu stimmen.

Damit könnte Deutschlands Stimme am Montag tatsächlich entscheidend sein. Allzu viel Hoffnung, die Bundesregierung könnte sich noch zu einem Nein oder zumindest einer Enthaltung durchringen, sollten sich die Gegner der Reform dennoch nicht machen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat in der vergangenen Woche bestätigt, dass die Bundesregierung bei ihrer Zustimmung bleiben wolle. "Wir sehen keine Gefährdung automatisch dessen, dass dort Inhalte in irgendeiner Weise unterdrückt werden", sagte die Kanzlerin am Mittwoch in Berlin. Auf Initiative der SPD arbeite man zwar noch an einer Protokollerklärung zur Abstimmung mit dem Inhalt, dass man Uploadfilter bei der Umsetzung der Richtlinie verhindern wolle. An der grundsätzlichen Zustimmung zur Richtlinie ändert sich durch so eine Erklärung aber nichts.

Besonders feiern wird Axel Voss nach der Abstimmung am Montag nicht. "Für mich ist das Thema ja eigentlich schon abgeschlossen", sagte er. "Ich kann nicht mehr viel machen, außer weiter aufklären", sagte er. So sei der Vorwurf, man habe die Interessen der oft jungen Kritiker der Reform ignoriert, nicht zutreffend: "Wir haben den Gesetzentwurf aufgrund der starken Wortmeldungen in der Öffentlichkeit massiv verändert." An der öffentlichen Debatte habe das aber nichts geändert.

Axel Voss ist in den vergangenen Monaten für viele Kritiker zu einer regelrechten Hassfigur geworden. Das merke er auch in seinem Wahlkreis. Dort würden seine "Plakate jedenfalls mehr verhunzt als die der anderen", sagte Voss. "Kann sein, dass einige junge Leute die Partei jetzt vielleicht nicht wählen wollen. Wer aber ,Nie mehr CDU' ruft, hat das System der europäischen Gesetzgebung nicht verstanden: Ohne eine Mehrheit auch aus den anderen Fraktionen wäre die Reform nicht gelungen."

© SZ vom 15.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: