EU:Kommission kapituliert vor schwarzer Liste

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Das Europäische Parlament will eine neue schwarze Liste mit Staaten, in denen Geld gewaschen wird. Doch die EU-Kommission kapituliert: Das könne Jahre dauern. Man solle eine bestehende Liste der OECD nehmen.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Als es vor gut zwei Monaten um eine neue schwarze Liste für Geldwäsche-Staaten ging, kam Einspruch aus Straßburg. Das Europäische Parlament wies ein Vorhaben der EU-Kommission zurück, mit dem die Behörde den Kampf gegen Terrorfinanzierung vorantreiben wollte. Allein das war schon bemerkenswert, denn wenn es um die Sicherheit der Bürger geht, haben Europas Volksvertreter meist nichts einzuwenden. Bei den Details der Anti-Geldwäsche-Richtlinie ist das anders. Das Europäische Parlament dringt darauf, dass die Kommission neu bewertet, welche Länder auf die schwarze Liste kommen. Doch nun zeigt ein Brief der zuständigen Kommissarin Věra Jourová, dass daraus wohl so schnell nichts wird.

In ihrem Schreiben an die Vorsitzenden dreier Parlamentsausschüsse, darunter jenem zu den Panama Papers, erklärt die Kommissarin, warum die Erstellung einer neuen Liste schwer umzusetzen sei. Ihre Behörde würde das zwar in Betracht ziehen, aber "ein solcher Schritt müsste sorgfältig vorbereitet werden". Jourová verweist auf den Personalaufwand: Pro Land bräuchte es ein Team von fünf bis sechs Experten, die den betroffenen Staat besuchten. "Das kann bis zu zwei Jahre dauern", schreibt die EU-Kommissarin. Sie versichert dem Europaparlament zwar, alles zu prüfen, doch bis dahin wolle sie sich auf eine bereits bestehende Liste stützen: nämlich jene der Financial Action Task Force (FATF). Diese Arbeitsgruppe für finanzielle Maßnahmen gegen Geldwäsche ist bei der OECD in Paris ansässig. Auf der schwarzen Liste der Geldwäsche-Staaten finden sich bei der FATF derzeit elf Länder: Afghanistan, Bosnien, Guyana, der Irak, Laos, Syrien, Uganda, Vanuatu, Jemen, Nordkorea und Iran.

Der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses für Wirtschaft und Währung im Europaparlament, Markus Ferber (CSU), ist der Meinung, dass es nicht reiche, lediglich diese Liste zu kopieren. "Die Kommission bescheinigt sich mit diesem Schreiben selbst die eigene Unfähigkeit", sagt der Abgeordnete. Es könne nicht sein, dass die Behörde trotz Tausender Mitarbeiter in der ganzen Welt nicht in der Lage sei, innerhalb einiger Monate eine verlässliche Liste mit Hochrisikoländern zu erstellen. "Die Haltung der EU-Kommission ist für mich Arbeitsverweigerung", kritisiert Ferber.

© SZ vom 29.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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